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Zahnhartsubstanz - Defekte und Ursachen

Zahnhartsubstanzdefekte können viele Ursachen haben. Wir stellen die gängigsten vor und geben Tipps für die Prophylaxebehandlung in der Zahnarztpraxis.

von Dr. Anna Plaumann, Kiel, Dr. Sonja Sälzer, Kiel
07.06.2022

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© Foto: Flexmedia / Fotolia
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Zahnbürsten und -putztechnik

Die Hälfte der Deutschen putzt elektrisch. Studien zeigen, dass elektrische Zahnbürsten bei gleicher Putzdauer besser reinigen als Handzahnbürsten. Trotzdem kann man auch manuell ein sehr gutes Putzergebnis erreichen. Patienten mit beginnenden Zahnhartsubstanzdefekten sollten dringend in der Zahnarztpraxis auf den Zusammenhang von Putzdruck und Rezessionen hingewiesen werden. Eine elektrische Zahnbürste mit Druckkontrolle zu empfehlen, ist eine Möglichkeit. Aber auch die Zahnputztechnik darf nicht vernachlässigt werden: Denn falsches Putzen hat meist negative Konsequenzen für die Zahnhartsubstanz. Für die Handzahnbürste gibt es drei Techniken: Fones, Bass und Stillman. Welche am besten geeignet ist, muss individuell abgestimmt werden. Bei Zahnfleischrückgang kann an betroffenen Zähnen die Stillman-Technik empfohlen werden. Wichtig ist, dass der Patient folgende Dinge vermeidet: exzessiven Druck, eine zu harte Bürste, Schrubbtechnik und übermäßiges Zähneputzen.

Dentinhypersensibilitäten

Dentinhypersensibilitäten zeichnen sich durch einen kurzen spitzen Schmerz aus. Die Dentintubuli werden gereizt. Sie verlaufen durch die gesamte Dicke des Dentins und enden in der Pulpa. Risikofaktoren aufseiten des Patienten können eine falsche Putztechnik, Reflux/Regurgitation, psychogene Essstörungen, eine geringe Pufferkapazität des Speichels, der hohe Konsum säurehaltiger Getränke und Speisen sowie Parafunktionen, die zu nichtkariösen Läsionen führen, sein. Auch nach zahnärztlicher Behandlung kann es zum Auftreten von Überempfindlichkeiten kommen. So sollte mit einer erhöhten Prävalenz beispielsweise nach einer chirurgischen, aber auch nach einer nichtchirurgischen Parodontitistherapie gerechnet werden. Überempfindlichkeiten können aber auch Folge eines Bleachings sein oder nach einer adhäsiven Füllungstherapie oder dem adhäsiven Einsetzen von Kronen und Teilkronen auftreten. Zur Prävention sollten Risikofaktoren erkannt und bestmöglich vermieden bzw. ausgeschaltet werden.

Desensibilisierende Zahnpasta

Abrasivstoffe in Zahnpasta sind nötig für die mechanische Reinigungswirkung. Ziel sollte es sein, Abrasive zu finden, die die Zähne reinigen, aber gleichzeitig weicher sind als die Zahnoberfläche, um keine Zahnhartsubstanz abzutragen. In Bezug auf Schmelz ist dies in der Regel unproblematisch. Liegt allerdings Dentin oder Zement frei, sind die Oberflächen deutlich weicher und können eher Schaden nehmen. Bei bereits freiliegenden Zahnhälsen sollte eine wenig abrasive Zahnpasta gewählt werden. Über die Höhe der Abrasivität einer Zahnpasta gibt der sogenannte RDA-Wert ("radioactive dentine abrasion") Auskunft. Ein RDA-Wert zwischen 30 und 80 wird für die tägliche Zahnpflege empfohlen. Diese geringe Abrasivität weisen desensibilisierende Zahnpasten auf. Aktive Inhaltsstoffe der Zahnpasten können die Schmerzsymptomatik des Patienten lindern. An erster Stelle ist dennoch die nahezu vollständige Plaqueentfernung an betroffenen Stellen zu sehen, um die Remineralisation durch Speichel und verschiedene Zusatzstoffe der Zahnpasta zu beschleunigen. Kaliumsalze wirken symptomatisch, sie dringen in die Pulpa vor und hemmen dort die Schmerzweiterleitung, indem die Nervenantwort blockiert wird. Etwa 4-8 Wochen dauert es, bis mit einer Schmerzlinderung zu rechnen ist. Die allerdings deutlich häufiger gewählte Strategie für desensibilisierende Zahnpflegeprodukte ist der mechanische Verschluss geöffneter Tubuli.

Was können aktive Wirkstoffe in Pasten?

Fluoride stärken durch die Bildung von Fluorhydroxylapatit die Zahnhartsubstanz. Im Hinblick auf Dentinhypersensibilitäten ist insbesondere das Zinnfluorid zu nennen. Zinn geht eine Reaktion mit der Zahnoberfläche ein, dabei entsteht unter anderem Zinnhydroxyphosphat, und Dentintubuli werden abgedeckt. Zinnfluorid verfügt wie auch Aminfluorid über eine hohe Substantivität (langer Verbleib auf der Zahnoberfläche), beide weisen zusätzliche antimikrobielle Eigenschaften auf. Auch Arginin verschließt die offenen Dentinkanälchen. Die positiv geladene Aminosäure bindet an das negative Dentin, daraufhin lagern sich Phosphat und Kalzium an und blockieren so die Liquorbewegung. Argininkonzentrationen von etwa 8 % werden für diesen Vorgang benötigt. In der Wirkweise ähnlich führen auch Strontium, Oxalate und Hydroxylapatit zu einem Verschluss der Dentintubuli.

Desensibilisierende Maßnahmen in der Zahnarztpraxis

In der Praxis stehen weitere Möglichkeiten zur Behandlung von Dentinhypersensibilitäten zur Verfügung. Hoch fluoridhaltige und methacrylathaltige Lacke oder Hydroxylapatit können auf freiliegendes Dentin aufgetragen werden. In der Regel kommt es zu einer sofortigen Schmerzlinderung, allerdings hält diese nur so lange, wie die Versiegelung intakt ist. Deutlich kostspieliger und gleichzeitig anscheinend in ihrer Wirkung nicht überlegen sind Laser und Iontophorese. Bei ausgeprägten Substanzverlusten kann auch eine restaurative Therapie sinnvoll sein. Gingivale Rezessionen können bei Bedarf parodontalchirurgisch gedeckt werden.

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