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Keine Angst vor der DVT!

Die dentale digitale Volumentomographie ist in der modernen Zahnheilkunde für viele Indikationen bereits etabliert. Doch um qualitativ hochwertige Aufnahmen bei möglichst geringer Strahlenbelastung zu erhalten, sollte man einige Dinge wissen, die es zu beachten gilt.

von Prof. Dr. med. dent. R. Schulze, Oberarzt der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Mainz
03.01.2019

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© Foto: karelnoppe / Getty Images / iStock
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Die dentale digitale Volumentomographie (DVT) hat vor allem im letzten Jahrzehnt sehr weit verbreitete Anwendung in vielen Bereichen der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde gefunden. Mit geschätzt mehr als 5000 DVT-Geräten in der Bundesrepublik Deutschland (dieser vage Schätzwert dient lediglich als grobe Orientierung; genaue Zahlen sind nicht erhältlich), die zum allergrößten Teil in Zahnarztpraxen aufgestellt sind, ist der Zugang zu dieser 3D-Technik offensichtlich überall in Deutschland möglich. In diesem Beitrag sollen qualitätsbeeinflussende Faktoren behandelt werden, vor allem hinsichtlich einer möglichen Vermeidung bekannter Fehler bei der Anfertigung der Aufnahmen.

Technische Grundlagen

Als Röntgentechnik misst die DVT, wie andere Röntgenaufnahmen auch, die Strahlenabsorption innerhalb des geröntgten Objekts. Ein zweidimensionales (2D-)Röntgenbild bildet die Summe der Absorptionen entlang jedes gemessenen Röntgenpfads (zwischen Strahlenquelle und Bildempfänger) als Summenwert ab. Anders ausgedrückt, entspricht die Helligkeit (der Grauwert) eines Bildelements (Pixel) im 2D-Röntgenbild der Summe der stattgefunden Absorptionen des Röntgenpfads, der in diesem Pixel gemessen wurde. Wurde viel Strahlung absorbiert, wie beispielsweise "hinter" metallischen Restaurationen, ergibt sich ein hoher Grauwert (hell). Wurde wenig Strahlung absorbiert, ergibt sich ein dunkler Grauwert, weil viel Strahlung an dieser Position auf dem Bildempfänger eintraf. Das 2D-Bild entspricht daher einem "Absorptionsrelief". Allerdings kann aus einer einzigen 2D-Aufnahme nicht geschlossen werden, wo genau im Objekt wie viel Strahlung absorbiert wurde, weil eben nur ein Summenwert gemessen wird.

Das 3D-Röntgen löst das oben beschriebene Dilemma, indem es aus (sehr vielen, meist mehreren Hunderten) einzelnen 2D-Röntgenaufnahmen die Dichtewerte im Objekt ortsbezogen schätzt. Ein DVT-Volumendatensatz ist aus einem regelmäßigen Gitter an kubischen Voxeln aufgebaut (Abb. 1), die alle mit einem spezifischen, die Dichte im Patienten an diesem Ort repräsentierenden Grauwert aufgefüllt werden müssen. Dieser Prozess wird durch „Rückprojektion" aus den vielen Hundert 2D-Aufnahmen ermöglicht, die in der DVT derzeit meistens in einer kreisförmigen Umlaufbahn um den Patienten herum angefertigt werden.

Wichtig für den Anwender ist, dass der Rückprojektionsprozess nur funktioniert, wenn für jede einzelne Aufnahme die zugrunde liegende Aufnahmegeometrie vollständig bekannt ist. Das bedeutet, dass das DVT-Gerät für jede der Hunderte Einzelaufnahmen exakt wissen muss, wo die Strahlenquelle und der Bildempfänger während der Exposition dieser Aufnahme in 3D lokalisiert waren.

Geräteausführungen

Moderne DVT-Geräte sind immer noch in Liegend-, Sitz- und Stehausführung erhältlich, was sich auf die Patientenposition während der Aufnahme bezieht (Abb. 2). Kombinationsgeräte mit den Komponenten DVT, Panoramaschichtaufnahme (und gegebenenfalls Fernröntgenseitenaufnahme, FRS) werden aus Kostengründen zunehmend häufiger verkauft. Aus den oben genannten Gründen (bekannte Aufnahmegeometrie) müssen DVT-Geräte einen stabilen, rigiden Umlauf des Röhren-/Detektorsystems um den Patienten garantieren. Anderenfalls werden zusätzliche (geometrische) Fehler in die Rekonstruktion einfließen und die Bildqualität mindern. Ein gleichmäßiger und stabiler Rotationsverlauf ohne Wackler und mit gleichförmiger Geschwindigkeit sind Grundvoraussetzungen für eine gute Rekonstruktion. Daher kann ein Anwender mit geübtem Blick und taktiler Erkundung des Geräteaufbaus zumindest abschätzen, ob das Gerät die notwendige Stabilität erreicht oder der Aufbau eher instabil wirkt.

Anforderungen an die Aufnahme

Strahlenschutzaspekte fordern eine Eingrenzung des Abbildungsvolumens (Field of View, FOV) auf die im Sinne der Fragestellung und rechtfertigenden Indikation [1] interessierende Region. Diese muss bei der Aufnahme getroffen werden, um Wiederholungsaufnahmen zu vermeiden. Bei großvolumigen Aufnahmen, die den gesamten Durchmesser, beispielsweise des Gesichtsschädels, abbilden, ist dies unproblematisch. Ist das FOV jedoch klein, wie beispielsweise bei endodontisch begründeten dentalen DVT-Aufnahmen, die auf eine Zahnregion begrenzt werden, ist das Zielen mitunter nicht so einfach.

Bei kleineren Objekten empfiehlt sich die Anfertigung von Zielaufnahmen.

Anatomische Kenntnisse bilden hier natürlich die Grundvoraussetzung. Zudem sollten in das DVT-Gerät funktionierende Zielhilfen, wie etwa ein Laser-Visier (Abb. 3) oder andere optische Verfahren, integriert sein, die das direkte individuelle Zielen auf die interessierende Region am Patienten ermöglichen. Mittelwertbasierte Zielhilfen an einem Bedien-Panel sind aus Sicht des Autors keine Lösung, da sie weder die individuelle anatomische Situation berücksichtigen noch spezielle Einstellungen auf Zielbereiche außerhalb des Zahnbogens ermöglichen. Die Einblendung auf die interessierende Region ist, neben der korrekten Anwendung der rechtfertigenden Indikation, eines der ganz wesentlichen Strahlenschutzkriterien bei der Anfertigung von DVT-Aufnahmen.

Qualitätskriterien und -sicherung

Seit dem 31.01.2018 müssen alle DVT-Geräte in der BRD zwingend einer Abnahmeprüfung [2] sowie monatlichen Konstanzprüfungen [3] unterzogen werden. Zusätzlich sind gemäß dem Deutschen Institut für Normung [3] jährliche Überprüfungen der Blendenpositionen und der abgegebenen Strahlendosis erforderlich. Hierzu dient ein Prüfkörper (Abb. 4), der die entsprechenden Prüfphantome intern integriert hat. Dieser ist mit einem Durchmesser von 16 cm relativ groß, um den natürlichen Streukörper " Patientenkopf" gut simulieren zu können. Kleinere Prüfkörper würden deutlich bessere Prüfbilder erzeugen und somit die tatsächliche Bildqualität im klinischen Alltag überschätzen. In den monatlichen Konstanzprüfungen werden Parameter wie die Ortsauflösung, das Kontrast-Rausch-Verhältnis, die Homogenität der Rekonstruktion und Artefakte überprüft. Der Großteil dieser Parameter wird mithilfe einer integrierten Software durch manuelle Platzierung einer " region of interest" in dem mit dem Phantom erzeugten DVT-Datensatz ausgewertet. Die Artefaktprüfung erfolgt jedoch visuell durch den Anwender (Abb. 5). Hierbei muss aus technischer Sicht darauf hingewiesen werden, dass es keinen vollständig artefaktfreien DVT-Datensatz gibt. Deswegen müssen lediglich Artefakte bemerkt werden, die die Befundung stören, und für deren Beseitigung muss gesorgt werden.

Fehlermöglichkeiten

Fehlermöglichkeiten bei der Anfertigung von DVT-Aufnahmen sind mannigfaltig.

Zielvorgang

Das Zielen auf Strukturen innerhalb des FOV, die ja innerhalb des Patientenkopfes liegen, ist nicht immer einfach. Aus Sicht des Autors ist für einen ausreichend genauen Zielvorgang unbedingt eine am Patienten orientierte Zielhilfe (etwa Laser-Visiere Abb. 3 oder Ähnliches) notwendig, um Fehlaufnahmen, soweit möglich, zu vermeiden. Rein auf einem Monitor-Display nach Mittelwerten vorgegebene Zielhilfen ohne Kontrolle am Patienten erscheinen im praktischen Alltag ungeeignet, wenn kleine FOV getroffen werden sollen.

Zusätzlich empfiehlt sich bei diesen kleinen Volumina die Anfertigung von Scout-Aufnahmen (Zielaufnahmen), die das FOV zumindest aus einer Richtung oder besser noch aus zwei orthogonalen Richtungen als Projektionsaufnahme darstellen. Diese Aufnahmen tragen lediglich einen Bruchteil zur Gesamtstrahlenbelastung des Patienten bei, helfen jedoch, zusätzliche Aufnahmen wegen "Fehlschüssen" zu vermeiden.

Objekte am Patienten und Schutzmaterialien

Herausnehmbare Objekte

Eine weitere Fehlerquelle besteht im Belassen herausnehmbarer Metallteile im Strahlengang, wie etwa Teilprothesen, Ohrringe des Patienten etc. Auch eine Bleischürze mit weit kranial verlaufenden Anteilen (zum Beispiel der Verschluss am Hals des Patienten) kann möglicherweise im Strahlengang liegen und damit zu störenden Artefakten führen. Deswegen ist es ratsam, sich die jeweiligen geometrischen Gegebenheiten (Position von Strahlenaustrittsfenster, Detektor und Patient) für die gewählte Aufnahme im Vorfeld zu vergegenwärtigen. Hierfür ist es natürlich notwendig, die entsprechenden Komponenten am DVT-Gerät zu kennen.

Nichtentfernbare Objekte

Zur Vermeidung von Artefakten, die durch nichtentfernbare Objekte (zum Beispiel prothetische Metallkronen, Osteosyntheseplatten oder Ähnliches) verursacht werden, ist die genaue geometrische Kenntnis des Strahlengangs ebenfalls von Vorteil. Mithilfe dieser Informationen kann der Patient so positioniert werden, dass die Artefakte möglichst nicht über die interessierende Region verteilt werden. Aufhärtungsartefakte durch hochdichte Objekte (wie Metalle) verlaufen, wie viele andere Artefakte auch, entlang der Strahlengangrichtung. Das ist verständlich, da der Verlauf exakt entgegengesetzt zur Rekonstruktionsrichtung (beachte: Rückprojektion) ist. Daher werden in dieser Richtung (Rekonstruktionsrichtung) auch die Fehler im Datensatz verteilt. So können beispielsweise durch schräges Halten des Kopfes Aufhärtungsartefakte durch eine Brücke auf der einen Patientenseite so in ihrer Richtung beeinflusst werden, dass sie nicht über die interessierende Region der Gegenseite verteilt sind ( Abb. 6).

Bewegungen des Patienten während der Expositionszeit

Eine immer mehr in den Fokus tretende Fehlerquelle sind Bewegungen des Patienten während der Expositionszeit, die bei der DVT-Aufnahme viele Sekunden dauert. Im Rekonstruktionsprozess geht die Software davon aus, dass der Patient während der gesamten Expositionszeit mit seinen untersuchten Strukturen immer in denselben Voxeln abgebildet wird, das heißt, keine Bewegung durchführt, die Strukturen aus einem Voxel herausführen und ins benachbarte Voxel positionieren würde. Kleine Bewegungen im Bereich von 80 µm können bereits durch den Herzschlag des Patienten verursacht werden [4] und sind nicht zu vermeiden. Diese reduzieren die Ortsauflösung und führen daher zu (noch) detailärmeren Aufnahmen [5]. Artefaktrelevante Bewegungen werden in einem Review mit einer Prävalenz zwischen 5 Prozent und 42 Prozent angegeben [6]. Nicht alle Bewegungen führen zu leicht erkennbaren Artefakten wie Mehrfachkontouren, denn die Auswirkungen der Patientenbewegungen auf die Rekonstruktion hängen sowohl von ihrer Intensität als auch vom Bewegungsmuster ab.

Methoden zur Korrektur derartiger Fehler für dentale Anwendungen werden derzeit publiziert [7], und DVT-Geräte mit referenzkörperbasierten Ansätzen (Beispiel: Fa. 3Shape) sowie markerlosen Ansätzen (Beispiel: Fa. Planmeca) sind bereits auf dem Markt erhältlich. Insgesamt ist dieses Gebiet derzeit sehr forschungsaktiv, sodass in naher Zukunft die Etablierung weiterer und auch verbesserter Methoden zur Bewegungskorrektur erwartet werden kann.

Kalibrierung und Aufstellungssituation des Geräts

Weitere Fehler verursachen eine schlechte Kalibrierung der DVT-Geräte oder auch geometrische Ungenauigkeiten der (zirkulären) Umlaufbahn. Schwingende Fußböden (zum Beispiel Holzböden, in Fachwerkbauten, elastische Estriche), auf denen ein DVT-Gerät installiert ist, können durchaus zu kaum lesbaren Aufnahmen führen, weswegen solche Aufstellsituationen unbedingt im Vorfeld mit dem Hersteller/Aufsteller des Geräts abgeklärt werden müssen.

Schlussfolgerungen

Die DVT-Geräte für dentale und maxillofaziale Anwendungen in ihrer mannigfaltigen Ausführung und Qualität sind so unterschiedlich, dass fast nicht von einer Geräteklasse gesprochen werden kann. Nichtsdestotrotz sind sie in Deutschland unter dem Überbegriff " Geräte zur dentalen DVR" zusammengefasst. Ihr Betrieb ist an eine erweiterte zahnärztliche Fachkunde gekoppelt, die aufbauend auf die reguläre zahnärztliche Fachkunde nur postgradual erworben werden kann [8]. Diese muss nach derzeitiger Regelung durch Teilnahme an den normalen Aktualisierungskursen der regulären zahnärztlichen Röntgenfachkunde mindestens alle fünf Jahre aktualisiert werden.

Da die an den Patienten abgegebene effektive Strahlendosis durch DVT-Geräte substanziell höher ist als durch die zahnärztlichen 2D-Röntgenaufnahmen [9], sind die sinnvolle Indikationsstellung und auch die Kenntnis von dosisreduzierenden Einstellmöglichkeiten essenziell. Dosisreduzierte Aufnahmen sind auch in der DVT möglich und für viele Fragestellungen anzustreben. Allerdings verhindert allein das technische Prinzip der DVT-Aufnahme - Verarbeitung eben sehr vieler 2D-Röntgenaufnahmen - die Absenkung der Strahlendosis in ein Maß, wie es bei einer einzelnen 2D-Aufnahme möglich ist.

Last but not least ist die rechtlich vorgeschriebene [1] fachgerechte Befundung der angefertigten DVT-Aufnahmen mit entsprechender Expertise die Basis für ihre Verwendung. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, stellt die DVT eine sehr hilfreiche bildgebende Technik dar, die in der modernen Zahnheilkunde für viele Indikationen bereits etabliert ist.

Fazit für die Praxis

  • Voraussetzungen für das optimale DVT-Ergebnis sind geräteseits ein stabiler Rotationsverlauf sowie eine gleichförmige Untersuchungsgeschwindigkeit.
  • Strahlenschutzaspekte bedingen die Eingrenzung auf die interessierende Region.
  • Alle DVT-Geräte in der BRD müssen einer Abnahme- und monatlichen Konstanzprüfungen unterzogen werden. Zusätzlich ist die jährliche Kontrolle von Blendenpositionen und Strahlendosis erforderlich.
  • Um Fehlaufnahmen und eine unnötige Strahlenbelastung des Patienten zu vermeiden, ist das genaue Zielen auf die interessierende Region essenziell. Laser-Visiere stellen eine am Patienten orientierte Zielhilfe dar.
  • Zur Vermeidung von Artefakten sind die Kenntnis der Positionen von Strahlenaustrittsfenster, Detektor und Patient sowie die vorausschauende Planung von Vorteil.
  • Bewegungen des Patienten während der relativ langen Expositionszeit können Artefakte verursachen. Sie werden mit einer Prävalenz zwischen 5% und 42% angegeben.
  • Bei korrektem Umgang und fachgerechter Befundung der angefertigten Aufnahmen stellt die DVT eine hilfreiche bildgebende Technik in der modernen Zahlheilkunde dar.
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