Computerspiele machen offenbar Kinder schlauer, nicht dümmer

Gute Nachrichten für Eltern, deren Kinder zu viel Zeit mit Computerspielen verbringen: Denn einer aktuellen Studie aus den USA zufolge steigern diese die Kognition.

von Von Dr. Nicola Zink
28.11.2022

Zuviel Zeit am Handy macht offensichtlich nicht glücklich – auch wenn es viele Kinder und Jugendliche nicht wahr haben wollen.
© Foto: Monkey Business/stock.adobe.com
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Fragt man Eltern, was sie vom Computerspielen ihrer Kinder halten, hört man mit Sicherheit Bedenken über die vielen Stunden, die Kinder und Jugendliche in der virtuellen Welt verbringen, und die möglichen negativen Auswirkungen auf kognitive Leistungen, geistige Gesundheit und Verhalten. Eine Umfrage aus Deutschland ergab, dass 89 Prozent der zehn- bis 18-Jährigen Computer- oder Videospiele spielen und durchschnittlich zwei Stunden und 29 Minuten pro Tag dafür investieren. Jedoch haben Videospiele auch eine Reihe von Anforderungen an die Aufmerksamkeit, wie zum Beispiel die Verfolgung mehrerer Objekte, schnelles Umschalten der Aufmerksamkeit und peripheres Sehen, mit gängigen kognitiven Aufgaben gemeinsam und können die Reaktionszeit, Kreativität, Problemlösung und Logik verbessern (JAMA Netw Open 2022; online 24. Oktober).

Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den USA ging dem Zusammenhang zwischen Videospielen und kognitiver Leistung sowie Gehirnaktivierung nach und untersuchte die Reaktionshemmung und Funktion des Arbeitsgedächtnisses gemessen anhand von aufgabenbasierter funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT). Dr. Bader Chaarani von der Abteilung für Psychiatrie der Universität Vermont in Burlington und sein Team nahmen dazu einen Datensatz von neun- und zehnjährigen Kindern aus der „Adolescent Brain Cognitive Development(ABCD)“-Studie genauer unter die Lupe. Bei der ABCD-Studie handelt es sich um die größte Langzeitstudie zur Gehirnentwicklung und -gesundheit von Kindern an 21 Forschungszentren in den USA.

Das Autorenteam verglich eine Gruppe von Kindern, die gar nicht Video-spielten, mit einer Gruppe, die drei Stunden pro Tag oder mehr mit Videospielen verbrachte. Sie wählten diesen Grenzwert aus, da er die von der American Academy of Pediatrics empfohlene Maximalzeit am Computer oder Tablet überschreitet. Diese beträgt ein bis zwei Stunden pro Tag.

Zocken mit Zusatznutzen

Insgesamt nahmen 2.217 Kinder (medianes Alter 9,9 Jahre; 63,1% weiblich) an der Fall-Kontroll-Studie teil. Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht in Bezug auf Alter, BMI oder IQ, jedoch waren die Gamer überproportional häufiger männlich und ihre Eltern hatten ein geringeres Gesamteinkommen. Es stellte sich heraus, dass die kognitiven Leistungen von Kindern, die Videospiele spielen, besser waren als die von Kindern, die keine Zeit vor dem Computer, Tablet, Smartphone oder der Spielekonsole verbrachten. Die fMRI-Muster umfassten die Stop Signal Task (SST, ein häufiges Messverfahren, um die inhibitorische Kontrolle zu untersuchen) und den N-back-Test (um die Gehirnaktivitäten der Probanden zu stimulieren). Die Computer-spielenden Kinder schnitten im SST und im N-back-Test besser ab als die Nicht-Videospieler.

In den fMRI-Ergebnissen war zu sehen, dass Videospieler und -spielerinnen ein größeres „blood oxygenation level dependent“(BOLD)-Signal in bilateralen Teilen des Precuneus aufwiesen. Der Precuneus ist eine Hirnregion, die an einer Vielzahl komplexer Funktionen beteiligt ist, darunter visuelle Kognition, Aufmerksamkeit, Reaktivität auf Hinweise, Gedächtnis und Integration von Informationen. Darüber hinaus wurde ein geringeres BOLD-Signal im N-back-Test bei den Gamern während Arbeitsgedächtnisaufgaben in Teilen des Okzipitalkortex und des Sulcus calcarinus, die beide an der Verarbeitung visueller Informationen beteiligt sind, beobachtet. Zudem war auch eine stärkere Aktivierung im Gyrus cinguli sowie Gyrus frontalis medius und superior zu verzeichnen.

„Im Gegensatz zu psychologischen und verhaltenswissenschaftlichen Studien, die einen schädlichen Zusammenhang zwischen Videospielen und der psychischen Gesundheit von Kindern vermuten, konnten wir in unserer Untersuchung keine signifikanten Unterschiede zwischen Videospielern und Nicht-Videospielern feststellen“, schreibt die Studiengruppe um Chaarani.

Die Psychiaterinnen und Psychiater geben jedoch zu, dass sie nicht wissen, welche Spiele genau die beste Wirkung erzielen. Computer- und Videospiele umfassen eine Vielzahl von Spielkategorien wie Action/Abenteuer, Shooter, Rätsellösung, Strategie, Simulation und Sport. Diese unterschiedlichen Genres können unterschiedliche positive Auswirkungen auf die neurokognitive Entwicklung haben, da sie nicht alle gleichermaßen interaktive und exekutive Prozesse beinhalten.

Darüber hinaus kann es auch einen Unterschied auf das Gehirn und die Kognition machen, ob einzeln oder mit mehreren Spielern gespielt wird. Welche Spiele besonders förderlich sind, muss erst noch herausgefunden werden.

Quelle: Ärzte Zeitung

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