Gestationsdiabetes und COVID-19: Impfen unbedingt empfohlen!

Schwangere haben ein hohes Risiko für schwere Verläufe von COVID-19. Kommt bei den Frauen ein Gestationsdiabetes (GDM) hinzu, dann verdoppelt sich die Gefahr fast noch einmal. In der Schwangerschaft ist daher in Pandemiezeiten sowohl das GDM-Screening als auch der COVID-19-Schutz besonders wichtig.

von von Dr. Helmut Kleinwechter
16.06.2022

Blutdruckmeswsung bei einer schwangeren Frau
© Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com
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Seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie sind weltweit viele Daten gesammelt und umfangreiche Erkenntnisse im Turbo-Tempo gewonnen worden. Schon bald war klar, dass schwangere Frauen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 hatten. Schwerer Verlauf heißt: Atemnot durch eine Viruspneumonie, stationäre Aufnahme, Sauerstoffgabe, Behandlung auf einer Intensivstation mit invasiver Beatmung – im schlimmsten Fall Totgeburt und Tod der werdenden Mutter.

Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und Pflegepersonal waren bei der Betreuung Schwangerer belastet durch hohen Arbeitsanfall bei gleichzeitig steigendem Krankheitsstand und anfänglichen Unsicherheiten im Umgang mit den Anforderungen der Pandemie.

Daten von 6800 infizierten Schwangeren analysiert

Um möglichst schnell faktenbasierte Antworten auf die wichtigsten Fragen zu geben, hat die Deutsche Gesellschaft für Perinatalmedizin bereits im April 2020 das CRONOS-Register eingerichtet (das Akronym steht für COVID-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study). Darin werden unter Leitung des Geburtsmediziners Professor Ulrich Pecks von der Universitätsfrauenklinik Kiel und des Neonatologen Professor Mario Rüdiger vom Sächsischen Zentrum für feto-neonatale Gesundheit in Dresden alle Fälle von Schwangeren mit gesicherter SARS-CoV-2-Infektion registriert, die stationär aufgenommen werden. Im Mai 2022 beteiligen sich 131 Frauenkliniken in Deutschland und in Linz(Österreich) aktiv an der aufwändigen Dateneingabe.

Inzwischen wurden über 6800 schwangere Frauen mit SARS-CoV-2-Infektion registriert, davon die Mehrzahl mit symptomatischer COVID-19. Der Aufwand lohnt sich. Mehrere Arbeitsgruppen im CRONOS-Netzwerk haben spezielle Fragestellungen untersucht und publiziert, so etwa zu Fällen mit Aufnahme auf der Intensivstation (J Clin Med 2022; online 28.Januar), zu dem Verlauf bei vorangegangener assistierter Reproduktion (AJOG 2022; online 7. April) und dem Befinden der Neugeborenen infizierter Mütter (Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 2021; online 25. Juni).

Gefährliches Duo: Inflammation plus Hyperglykämie

Gestationsdiabetes mellitus (GDM) gehört zu den häufigsten Schwangerschaftskomplikationen. Hierzu konnte das CRONOS-Netzwerk aktuell Erkenntnisse von 115 Frauenkliniken aus der Zeit vom April 2020 bis August 2021 vorlegen – zwei Monate nachdem die Delta-Variante in Deutschland dominant wurde (AJOG 2022; online 14. Mai). Es zeigte sich bei der Analyse von 140 Fällen mit GDM und symptomatischer COVID-19 im Vergleich mit 1350 Frauen ohne jede Diabetesform und COVID-19, dass am Beginn der Schwangerschaft übergewichtige und adipöse Frauen, das heißt, mit einem Body Mass Index >25 kg/m², statistisch signifikant häufiger auf der Intensivstation aufgenommen werden mussten, Sauerstoff benötigten oder eine Viruspneumonie aufwiesen (15,9 vs. 8,8 Prozent).

Das Risiko war weiter gesteigert, wenn der GDM mit Insulin behandelt wurde (adjustierte Odds Ratio 3,05). Zudem konnte belegt werden, dass Frauen mit GDM dann einen deutlich schwereren Verlauf hatten, wenn COVID-19 mit oder nach dem GDM auftrat im Vergleich zu COVID-19 vor GDM-Diagnose (19,6 vs. 5,6 Prozent). Dies spricht eindeutig für den ungünstigen Einfluss im Zusammenspiel von inflammatorischem Geschehen und Hyperglykämie.

Aktuelle Leitlinie zu COVID-19 und Schwangerschaft

Keine der Frauen in dieser Studie war vor der COVID-19-Diagnose gegen das Virus geimpft. Von daher sind die Empfehlungen für diese Zielgruppe klar abzuleiten: Teilnahme am Screening auf Gestationsdiabetes nach den Vorgaben der Mutterschaftsrichtlinien, Impfen gegen COVID-19 mit einem mRNA-Inpfstoff vor der Schwangerschaft oder nach dem 1. Trimester nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts. Zu empfehlen ist Schwangeren weiterhin auch das Einhalten hygienischer Basismaßnahmen (Abstand halten bei Menschenansammlungen und FFP2-Maske).

Wichtige Empfehlungen zu Schwangerschaft und COVID-19 hat die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in Zusammenarbeit mit ihren Schwestergesellschaften in Österreich und der Schweiz im März 2022 in einer aktualisierten Leitlinie vorgelegt (AWMF 015/092). Diesem fundierten Werk ist eine weite Verbreitung und Beachtung zu wünschen.

Quelle: Ärzte Zeitung

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