Lässt Kaffee Kinder schrumpfen?

Stärkerer Koffeinkonsum in der Schwangerschaft ist mit geringerem Gewicht und verminderter Körperlänge des Kindes bei Geburt verknüpft. Das ist bekannt – unklar ist, ob sich dies auch auf das weitere Wachstum in der Kindheit auswirkt. Wie die Auswertung zweier Kohortenstudien zeigt, ist das offenbar der Fall – und zwar schon bei geringen Mengen an Koffein.

von von: Robert Bublak
12.12.2022

Kind misst sich
© Foto: Marija Stepanovic / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Welche Auswirkungen hat Koffeinkonsum der Schwangeren auf das Wachstum ihrer Kinder in der Altersspanne zwischen vier und acht Jahren?

Antwort: Koffeinkonsum in der Schwangerschaft geht mit Einbußen im Größenwachstum der Kinder im Alter von vier bis acht Jahren einher.

Bedeutung: Vermindertes Längenwachstum der Kinder war bereits bei täglichen Koffeinmengen festzustellen, die unter den gegenwärtig für sicher gehaltenen liegen.

Einschränkung: Die Studie war retrospektiv angelegt, möglicherweise relevante Informationen fehlten. Die klinische Relevanz der Befunde ist unklar.

Weshalb Koffein das fetale Wachstum beeinträchtigt, ist nicht völlig klar. Allerdings ist Koffein ein plazentagängiges Neurostimulans, Feten können es mangels CYP450, des für den Koffeinmetabolismus primär erforderlichen Enzyms, nicht abbauen. Somit kumuliert es im fetalen Gewebe.

Neben dem bekannten wachstumsmindernden Effekt, der sich zum Zeitpunkt der Geburt bemerkbar macht, wirkt sich mütterlicher Koffeinkonsum in der Schwangerschaft aber auch noch Jahre später aus. Das geht aus Daten hervor, die eine Arbeitsgruppe um Jessica Gleason vom Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development, Bethesda, ermittelt hat. Die Forscherinnen und Forscher analysierten Angaben zu mehr als 2700 Mutter-Kind-Paaren aus Kohorten einer aktuellen Studie (The Environmental Influences on Child Health Outcomes Cohort of the National Institute of Child Health and Human Development Fetal Growth Studies, ECHO-FGS, 2009–2019) und einer historischen Untersuchung (The Collaborative Perinatal Project, CPP, 1959–1974).

Die beteiligten Kinder wurden im Alter zwischen vier und acht Jahren nachuntersucht. Kinder von Müttern im Quantil mit dem höchsten Koffeinkonsum während der Schwangerschaft wiesen durchgehend eine geringere Körpergröße auf als Kinder von Müttern aus dem Quantil mit dem geringsten Konsum. Benutzt wurden dafür standardisierte Vergleiche mithilfe von z-Scores, die Abweichungen vom Mittelwert in Einheiten der Standardabweichung ausdrücken. Die Effektstärke fiel allerdings mit β-Werten zwischen –0,16 und –0,37 eher gering aus.

Es fehlen bis zu 2,2 cm

Die Unterschiede bedeuteten in ECHO-FGS eine um 1,5 cm geringere Körperlänge von Kindern im Alter von sieben Jahren, wenn ihre Mütter dem höchsten Quartil angehörten und verglichen mit Kindern von Müttern aus dem ersten Quartil. In der CPP-Kohorte wuchs die Längendifferenz – hier wegen der breiteren Verteilung im Quintilenvergleich – zwischen vier und acht Jahren von 0,68 auf 2,2 cm. Ein klares Muster mit Blick auf Gewicht und Body-Mass-Index zeichnete sich nicht ab.

Interessant ist, dass der Koffeinkonsum während der Schwangerschaft in ECHO-FGS relativ gering war. Median lag er unter 50 mg pro Tag, was knapp einer halben 200-ml-Tasse Filterkaffee entspricht. Das liegt deutlich unter der als sicher geltenden täglichen Koffeindosis, die etwa von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) mit 200 mg angegeben wird. Diese zwei Tassen Kaffee täglich entsprechende Menge an Koffein wurde im Mittel von den Schwangeren der CPP-Kohorte konsumiert.

Zu potenziellen Einflussfaktoren wie mütterlicher Diät, Schwangerschaftserbrechen oder Körpergröße des Vaters lagen keine hinreichenden Informationen vor, ein Mangel der Studie. „Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass diese Faktoren unsere Befunde vollständig erklären könnten“, schreiben Gleason et al.

„In dieser retrospektiven Kohortenanalyse zum Koffeinkonsum während der Schwangerschaft und dem Längenwachstum der Kinder war bereits ein mütterlicher Konsum unterhalb der gegenwärtig empfohlenen Menge von maximal 200 mg am Tag mit einer geringeren Körpergröße verbunden, beginnend im Alter von vier und anhaltend bis zum Alter von acht Jahren“, resümiert das Studienteam seine Resultate. Die klinischen Implikationen dieser Größendifferenz seien unklar und müssten weiter untersucht werden.

Quelle: SpringerMedizin.de

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