Notfälle im Flugzeug: Das sind die häufigsten Diagnosen

Ist ein Arzt an Bord? Diese Durchsage aus dem Cockpit bringt auch Mediziner in eine Ausnahmesituation. In einer Metaanalyse wurden jetzt Art und Inzidenz medizinischer Notfälle auf Flugreisen ermittelt.

08.06.2021

Notfallsituation an Bord: Respiratorische Beschwerden wie Atemnot, Asthmaanfälle oder Bronchospasmen gehören zu den häufigsten Auslösern für medizinische Notfälle in Flugzeugen.
© Foto: Jasmin Merdan/stock.adobe.com
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Das Wichtigste in Kürze

  • Frage: Wie häufig sind Notsituationen, Todesfälle und Notlandungen auf Flugreisen und was sind die häufigsten Diagnosen?
  • Antwort: Auf eine Million Passagiere kommen rund 18 medizinische Notfälle und 0,21 Todesfälle. Häufig sind unter anderem gastrointestinale und respiratorische Ereignisse.
  • Bedeutung: Ärzte sollten sich über veränderte Bedingungen und die Möglichkeit der Kommunikation mit einem medizinischen Zentrum am Boden bewusst sein.
  • Einschränkung: Die Ergebnisse beruhen auf Daten unterschiedlicher Gruppen, wie Kabinenpersonal, medizinische Helfer und Ärzte medizinischer Zentren am Boden.

Bis Flugreisen coronabedingt wieder uneingeschränkt möglich sind, kann es noch dauern. Ein kleiner Trost: Zumindest reduziert das die Wahrscheinlichkeit, in der Luft medizinische Hilfe leisten zu müssen. Denn medizinische Notfälle in Flugzeugen haben in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen – auch aufgrund immer mehr reisefreudiger Senioren. In einer Metaanalyse wurde jetzt untersucht, was die häufigsten Zwischenfälle sind.

Ein Forscherteam um Israel Junior Borges de Nascimento von der Bundesuniversität von Minas Gerais in Belo Horizonte wertete dafür 18 Studien mit Daten von rund 1,5 Milliarden Passagieren aus (Am J Emerg Med 2021; online 16. April). Neben der Inzidenz medizinischer Not- und Todesfälle untersuchten die Wissenschaftler die Art der häufigsten Ereignisse, die Anwesenheit von medizinischem Personal im Flieger, potenzielle Notlandungen und damit verbundene Kosten.

Synkopen sind besonders häufig

Elf der 18 Studien berichteten über die Gesamtinzidenz medizinischer Notsituationen in Flugzeugen. Mit niedriger Evidenz zeigt die Analyse, dass auf eine Million Passagiere rund 18 medizinische Notfälle und 0,21 Todesfälle kommen. Am häufigsten waren Synkopen, gastrointestinale Ereignisse wie Erbrechen, Durchfall oder Dyspepsie und respiratorische Beschwerden wie Atemnot, Asthmaanfälle oder Bronchospasmen. Auch neurologische Ereignisse wie Schlaganfallsymptome oder Verlust der Propriozeption traten häufig auf.

Etwas seltener kam es zu kardiovaskulären Ereignissen wie Angina pectoris, persistierenden Brady- und Tachykardien, Arrhythmien oder Verdacht auf Herzinfarkt, genauso wie zu Unfällen. Diese waren vornehmlich durch aus Fächern herabfallende Gepäckstücke oder verschüttete Heißgetränke bedingt.

Insgesamt waren Synkopen mit etwa 5,5 Ereignissen auf eine Million Passagiere der häufigste Zwischenfall. Am seltensten waren Herzstillstände mit 0,09 Ereignissen pro Million Flugreisender.

Notlandung kann 800.000 US-Dollar kosten

In median 31 Prozent der Notfälle war ein Arzt an Bord, der dem Patienten helfen konnte, wobei diese Werte in den einzelnen Studien stark variierten. Rund 11 von 100.000 Flügen mussten aufgrund eines medizinischen Notfalls umgeleitet werden. Dabei entstanden pro Notlandung Kosten von 15.000 bis 893.000 US-Dollar für die Fluggesellschaften.

Nascimento und Kollegen plädieren für modernere Reportingsysteme, um Notfälle in Flugzeugen zu analysieren und die dortige medizinische Versorgung zu verbessern. Zwar seien lebensbedrohliche Zwischenfälle relativ selten. „Ärzte sollten dennoch damit rechnen und sich über die begrenzte Ausstattung und die veränderten Bedingungen im Flugzeug sowie die Möglichkeit der unterstützenden Kommunikation mit einem medizinischen Zentrum am Boden bewusst sein“, resümieren sie.

Quelle: www.aerztezeitung.de

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