Patientinnen im Intimbereich gefilmt:

BGH bestätigt Bewährungsstrafe für Frauenarzt Auch heimliche Aufnahmen während einer Vorsorgeuntersuchung können als sexueller Missbrauch gelten, urteilten die Karlsruher Richter. Betroffen waren 25 Frauen.

von Martin Wortmann
19.04.2021

Tatort gynäkologischer Stuhl: Der verurteilte Arzt hatte Kameras in einer Auffangschale angebracht, um die Frauen zu filmen.
© Foto: GordonGrand / stock.adobe.com
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 Der Bundesgerichtshof hat die Bewährungsstrafe für einen Frauenarzt bestätigt, der Patientinnen im Intimbereich heimlich gefilmt hatte. Nach einem aktuell veröffentlichten Urteil kann dies auch während einer medizinisch indizierten Vorsorgeuntersuchung als sexueller Missbrauch im Rahmen eines Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses gelten.

Ohne Kenntnis und Zustimmung der Frauen hatte der Gynäkologe innerhalb eines Monats Aufnahmen von 25 Patientinnen gemacht. Die Fotos und Videos entstanden jeweils während einer Vorsorge-Tastuntersuchung, bei der der Arzt auch einen Finger in die Scheide der Patientinnen einführte. Abweichend vom Üblichen hatte er den gynäkologischen Stuhl extra so eingestellt, dass seine Patientinnen ihn schlecht beobachten konnten. An der Auffangschale hatte er eine Kamera angebracht, zudem nutzte er eine als Kugelschreiber getarnte Kamera.

Vertrauen ausgenutzt

Nach einem Geständnis des Arztes waren die Untersuchungen stets medizinisch indiziert, die Aufnahmen aber sexuell motiviert. Das Landgericht Dortmund hatte den Gynäkologen 2018 zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Davon sah es wegen überlanger Verfahrensdauer vier Monate als bereits verbüßt an.

Der BGH erhöhte dies wegen weiterer Verzögerungen auf fünf Monate, hat darüber hinaus das Dortmunder Urteil aber bestätigt. Insbesondere schloss er sich der Auffassung des Landgerichts an, dass es sich um sexuellen Missbrauch im Rahmen eines Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses handelt. Das Argument des Frauenarztes, es sei hier ja nicht um eine Behandlung, sondern um Vorsorgeuntersuchungen gegangen, ließ der BGH nicht gelten.

Der entsprechende Strafparagraf stellt sexuelle Handlungen an einer Person unter Strafe, die dem Täter „wegen“ einer Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist. Vorsorgeuntersuchungen, so nun der BGH, würden wegen bestimmter Vorerkrankungen oder generell zur Krankheitsprävention gemacht.

Der Wortlaut des Gesetzes könne durchaus so verstanden werden, dass dies mit umfasst ist. Nach den Gesetzesmaterialien habe der Gesetzgeber dies wohl auch so gewollt. Denn ein Arzt nehme bei einer Vorsorgeuntersuchung seine Vertrauensstellung in gleicher Weise in Anspruch wie bei einer Behandlung.

Zweifelsfrei Belästigung

Desweiteren hatte das Landgericht unterstellt, dass das Abtasten wie von dem Arzt behauptet jeweils medizinisch indiziert war. Hierzu entschied der BGH, dass auch eine medizinisch notwendige Handlung eine „sexuelle Handlung“ sein kann. Maßgeblich hierfür sei „das äußere Erscheinungsbild“.

Nach diesem sei hier die Sexualbezogenheit klar erkennbar. Die sexuelle Motivation sei nicht nur „mitgelaufen“. Vielmehr habe der Arzt den gynäkologischen Stuhl entsprechend präpariert und zudem eine Kugelschreiber-Kamera in seinem Arztkittel bereitgehalten, um dann seine Aufnahmen zu machen. (mwo)

Bundesgerichtshof, Az.: 4 StR 364/19

Quelle: www.aerztezeitung.de

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