Wie wichtig das Praxisklima für das Praxisimage ist

Medizinische Expertise reicht für eine erfolgreiche Praxisgründung nicht immer aus. Auch Fähigkeiten in Marketing und Personalführung sind wichtig. Dabei hat das Eine durchaus mit dem Anderen zu tun.

von Hauke Gerlof
05.03.2021

Die aktuellen Temperaturen lassen auch das Klima in Praxisräumen zum Teil fast unerträglich werden.
© Foto: Xurzon / Getty Images / iStock
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 Wer einer Fassade einen neuen Anstrich verpasst, tut gut daran, Roststellen gründlich zu beseitigen und zu grundieren. Sonst bringt die neue Farbe nicht lange etwas. So kann es auch mit dem Praxismarketing sein, wenn die Botschaften, die nach außen getragen werden, nicht auch innen gelebt werden.

Darauf haben vor kurzem die beiden Praxisberater Nadja Alin Jung von m2c und Jonas Kock von Kock + Voeste beim Webinar „Gutes Arbeitsklima und Praxisimage – wie geht das?“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) hingewiesen.

Denn genau an dieser Stelle treffen sich die beiden Aspekte unternehmerischer Praxisführung – Marketing und Personalführung – auch für Existenzgründer. „Wenn es im Praxisteam nicht stimmt, dann merken Patienten das manchmal schon am Telefon. Wir können ein ganz tolles Marketing machen, aber wenn in der Praxis die Performance nicht gegeben ist, dann verpufft das ganz schnell – die Patienten kommen dann nicht wieder“, beschreibt Jung das Problem.

Wenn das Klima stimme, „dann verbraucht sich die Energie im Praxisteam nicht durch innere Reibung, sondern sie kommt den Patienten zugute“, ergänzt Kock.

Geld allein macht nicht glücklich

Wer als Existenzgründer eine Praxis mit dem Personal übernehme, der müsse daher als erstes dem Team die neue Zielrichtung der Praxis vermitteln – und die Mitarbeiter dazu einladen, mit auf die Reise zu gehen, so Kock weiter.

In Studien dazu, was Mitarbeiter in einem Unternehmen glücklich mache, spiele Geld sicher eine Rolle, aber wichtiger seien zuerst ein gutes Miteinander im Team und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, Teil einer Vision zu sein. In einem Teamgespräch, am besten noch vor der Übernahme, und in Einzelgesprächen spätestens im ersten Quartal danach, sei es wichtig, die eigene Erwartungshaltung, aber auch die Ziele für die Praxis jedem Mitglied des Praxisteams zu verdeutlichen.

Wenn das Team funktioniere sich mit den Praxiszielen identifiziere, dann könne auch das Angebot der Praxis gut über das Marketing nach außen getragen werden, so Kock. Dabei, sagen Kock und Jung übereinstimmend, richte sich das Marketing nicht nur an Patienten, sondern es gehe auch darum, die Praxis für potenzielle Mitarbeiter attraktiv dazustellen – die Konkurrenz um gute Fachkräfte ist groß.

Ganz dünnes Eis für Aktionspreise

Erlaubt sei bei der Werbung mittlerweile vieles, selbst große Plakatwände, erläuterte die Praxisberaterin. Wer allerdings in einer frisch gegründeten Praxis Aktionen wie einen reduzierten Einstandspreis für besondere Selbstzahlerleistungen macht, „der bewegt sich auf sehr dünnem Eis“, warnt Jung. Eine „Black Week“ analog dem „Black Friday“ im Netz sei jedenfalls nicht möglich.

Bei der Auswahl des Mediums für Marketing-Aktionen komme es auf den Standort an. Jung: „Auf dem Land reicht eine kompakte professionelle kleine Website“, ansonsten funktionierten noch Anzeigen in lokalen Medien. In ländlichen Gebieten sei auch noch der Netzwerk-Gedanke umsetzbar., etwa über den Sportverein oder über die eigenen Mitarbeiter.

„Im Ballungszentrum setzen wir dagegen stark auf digitale Kanäle wie Google Business-Profil, Facebook, Instagram und eine gut durchdachte Website. Für neu gegründete Praxen sei es zunächst entscheidend, eine „klare Linie“ in den Auftritt der Praxis zu bekommen, vom Namen der Praxis über das Logo, das Praxisschild, das Farbkonzept in den Räumlichkeiten und das Briefpapier bis hin zur Bestickung der Praxiskleidung.

Vorsicht, Markenschutz!

Wenn bei der Namensgebung die Wahl auf einen Fantasienamen falle, sei eine Titelschutz-Abfrage unerlässlich, sonst müsse schlimmstenfalls im Nachhinein der Name nochmals geändert werden, wenn die Marke bereits geschützt ist.

Bei einer Existenzgründung ist auch die Reihenfolge des Tuns entscheidend: „Eine Web-Visitenkarte ist nur sinnvoll, wenn vorher der Telefonanschluss angemeldet ist. Und die endgültige Website lässt sich erst einrichten, wenn die Praxis fotografierfähig ist“, empfiehlt Jung. Über Social Media lasse sich ein Bautagebuch schon vor Eröffnung führen. „Ist es eine neue Immobilie, kann das die Neugier der Patienten wecken, und auch potenzielle Mitarbeiter finden es vielleicht toll, in ganz neuen Räumen zu arbeiten“. So kann gutes Marketing gleich in zwei Richtungen wirken.

Praxistipp: Tablet-PC hilft beim Marketing

Welche Marketing-Maßnahme zeigt Wirkung, welche nicht? Das lässt sich sehr effizient per Tablet-PC zusammen mit der Erstanamnese erheben, die Patienten im Wartezimmer ausfüllen. „Wie sind Sie auf diese Praxis aufmerksam geworden?“ sollte dort immer gefragt werden, schlägt Praxisberaterin Nadja Alin Jung vor. Hier sei ein Auswahlmenü mit vielen Möglichkeiten zum Ankreuzen besser als ein Freitextfeld, um konkrete Informationen zu erhalten.

„Das ist die einzige Möglichkeit, greifbar zu machen, welche Maßnahmen etwas bringen“, sagt Jung. Um noch mehr zu erfahren, könne Arzt oder Ärztin zusätzlich im Erstgespräch mit dem Patienten nachfragen. (ger)

Quelle: www.aerztezeitung.de

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