Wo Investoren-MVZ sich gerne niederlassen

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hat das IGES-Institut die Entwicklung von MVZ begutachten lassen, die von Investoren getragen werden.

28.12.2020


Gebiss und Euroscheine
© Foto: Aleksandar Mijatovic / Fotolia
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 Ungeachtet der Regulierungsversuche des Gesetzgebers nimmt die Bedeutung von MVZ, die von Investoren getragen werden, in der vertragszahnärztlichen Versorgung zu. Das ist die Quintessenz eines Gutachtens des IGES-Instituts für die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung.

Im vierten Quartal 2015 waren bundesweit erst elf zahnärztliche MVZ in der Trägerschaft zumeist von Private-Equity-Gesellschaften am Markt tätig. Im ersten Quartal dieses Jahres waren es bereits 207 – das sind rund 20 Prozent aller zahnärztlichen MVZ in Deutschland. Möglich gemacht hat die Entwicklung das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz im Jahr 2015: es erlaubte erstmals fachgruppengleiche MVZ.

Getragen wird das dynamische Wachstum laut IGES-Gutachten in der Regel nicht von Praxisneugründungen, sondern von Käufen von bereits bestehenden Zahnarztpraxen.

Größte Kette mit 23 Praxisstandorten

Investoren-MVZ sind dadurch charakterisiert, dass im Vergleich zu Einzelpraxen oder Berufsausübungsgemeinschaften durchschnittlich mehr Zahnarztstellen in den Praxisstandorten angesiedelt sind, die überwiegend von angestellten Zahnärzten besetzt sind. Zudem sind viele dieser MVZ zu Ketten zusammengeschlossen – die größte unter ihnen hat den Angaben zu Folge 23 Praxisstandorte.

Hinter diesen Versorgungszentren stünden aktuell zwölf verschiedene Investoren, überwiegend Private-Equity-Gesellschaften. Beratungsfirmen wie McKinsey bezeichnen seit Jahren den europäischen und deutschen Gesundheitsmarkt als „golden opportunity“ für Fremdinvestoren.

2019 hatte die große Koalition im Terminservicegesetz (TSVG) den Versuch unternommen, die Anbietervielfalt in der vertragszahnärztlichen Versorgung zu erhalten. Seit Mai 2019 darf ein Krankenhaus mit den von ihm gegründeten MVZ nur noch bis zu einer bestimmten Obergrenze Anteile an der Versorgung übernehmen. Der genaue Wert schwankt in Abhängigkeit vom Versorgungsgrad des jeweiligen Planungsbezirks. Eine Begrenzung des Marktanteils aller Investoren-MVZ in einer Region gibt es hingegen nicht.

Die IGES-Autoren kommen zu folgenden Ergebnissen:

  • Regionale Verteilung der Standorte von Investoren-MVZ: Das Angebot fokussiert sich weitgehend auf großstädtische Planungsbereiche – dort sind 30 Prozent aller von Investoren getragenen MVZ angesiedelt. Entsprechend falle auch der Beitrag dieser Versorgungszentren zu einer flächendeckenden zahnärztlichen Versorgung geringer aus als bei Einzelpraxen und BAG. Diese Befunde träfen „in etwas geringerem Maße“ auch auf MVZ zu, die nicht von Investoren betrieben werden. Die von Fremdkapitalgebern gewählten Standorte zeichneten sich durch eine „überdurchschnittlich einkommensstarke sowie jüngere und weniger von Pflegebedürftigkeit betroffene Bevölkerung aus“. Damit sei nicht erkennbar, dass diese MVZ „einen relevanten Beitrag zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung auch in ländlichen, strukturschwachen (...) Regionen“ leisten.
  • Leistungsgeschehen und Abrechnungsverhalten: „Nahezu durchgängig“ ergebe die Analyse, dass Investoren-MVZ bei konservierend-chirurgischen Leistungen je Fall zwischen 14 bis 25 Prozent mehr Punkte abrechnen als Einzelpraxen. Die höheren Umsätze würden dabei vor allem aus Mengenausweitungen und im Zahnersatzbereich aus einer Umsatzausweitung bei Neuversorgungen resultieren, heißt es im Gutachten.

Ausnahmen gebe es nur bei zwei Leistungskategorien: Erstens bei Vergütungspositionen, die im Zusammenhang mit Hausbesuchen und Behandlungen von Versicherten zum Beispiel in Pflegeheimen stehen und zweitens bei der nur bei Kindern abrechenbaren Individualprophylaxe sowie bei Früherkennungsuntersuchungen.

Die Befunde, so das IGES-Institut, stützten die These „eines im Vergleich zu Einzelpraxen und BAG stärker am Ziel der Renditeoptimierung orientierten Vorgehens“ von Investoren-MVZ. Dabei sei aber zu beachten, dass herkömmliche Versorgungszentren in vielen untersuchten Aspekten den Investoren-MVZ „stark ähneln“.

Der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer nutzte die Ergebnisse der Studie, um eine „passgenaue“ Weiterentwicklung der Regulierungen im TSVG zu fordern. Des Weiteren solle der Gesetzgeber ein verpflichtendes MVZ-Register schaffen.

Quelle: www.aerztezeitung.de

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