Eine echte Halitosis liegt vor, wenn die Intensität deutlich über der sozial verträglichen Akzeptanz liegt. „Wird ein vermeintlicher Mundgeruch von anderen gar nicht wahrgenommen, spricht man von einer eingebildeten oder Pseudo-Halitosis, die in Einzelfällen sogar zu einer Halitophobie ausarten kann“, erklärte Prof. Stephan Hollerbach, Celle. Verantwortlich für den störenden Mundgeruch sind meist flüchtige Schwefelverbindungen in der Ausatemluft, die wie faule Eier riechen. Sehr viel seltener sind andere Gase, nämlich Diamine, die einen Geruch wie bei Fleischfäulnis oder Verwesung bedingen.
Intraorale Ursachen am häufigsten
In ca. 90% der Fälle liegt die Ursache in der Mundhöhle durch die bakterielle Zersetzung organischer Materialien. „Am häufigsten sind Beläge am Zungenrücken die Auslöser“, so Hollerbach. Andere Ursachen sind Karies, Parodontitis, mangelhafte Mundhygiene, Infektionen und Tumoren im Mundbereich. Mit einer Häufigkeit von 5–8% folgen HNO-Erkrankungen wie Tonsillitis, Tonsillolithen, Sinusitis, Fremdkörper und Polypen. Auch Medikamente können Mundgeruch hervorrufen. Dazu zählen Antihistaminika, Anticholinergika, Antihypertensiva, Appetitzügler, Diuretika, Antidepressiva, Antiparkinson-Mittel und Antibiotika bei Langzeiteinnahme. Kofaktoren sind Stress, reduzierter Speichelfluss, Mundatmung, Zungenpiercing, einseitige Ernährung, insbesondere hoher Fleischkonsum, Rauchen sowie hoher Alkohol- und Kaffeekonsum.
Selten gastral bedingt
Nur in weniger als 0,1% der Fälle liegt eine gastrointestinale Ursache vor, wie Kardiainsuffizienz, gastro-ösophagealer Reflux, Ösophagusdivertikel oder Pylorusstenose. Die Bedeutung des H. pylori ist in diesem Zusammenhang umstritten. „Bei einem positiven H.-pylori-Nachweis wird eine Eradikation empfohlen“, so Hollerbach. Seltene systemische Ursachen einer Halitose sind Diabetes mellitus, hepatische und renale Erkrankungen, Leukämien und Agranulozytose.
Natürlich ist besser als chemisch
Therapeutisch bewegen wir uns bei Mundgeruch „in einer Evidenz-armen Zone“, so Hollerbach. Entscheidend ist eine intensive Zahnpflege und Mundhygiene, wozu auch der Einsatz von Zahnseide und die tägliche Zungenreinigung gehören. Sinnvoll sind auch der Gebrauch von Mundspüllösungen und zuckerfreien Kaugummis, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, ein Ballaststoff-reiches Frühstück und die Reduktion der Alkohol-, Kaffee- und Proteinzufuhr. Eine lokale chemische Therapie, z. B. mit Chlorhexidin, Cetylpyridinium-Chlorid etc. ist nach Hollerbach nicht sinnvoll, zumal bei Langzeitanwendung mit Nebenwirkungen wie Geschmacksstörung und Zahnverfärbungen gerechnet werden muss. Er empfiehlt komplementäre Therapien, wie Thymol-Mundwasser, Teebaum-Öl-Tropfen, Pfefferminz-Zitronen-Öl-Tropfen und Kardamon-Tee. „Solche natürlichen Mittel sind effektiv und verträglicher als Chemie“, so Hollerbach.
Literatur
DGVS-Tagung, 14.9.2017 in Dresden