Pandemie: Weniger sozialer Zeitdruck fördert den Schlaf

(kib) Die sozialen Einschränkungen während der Pandemie haben das zirkadiane Timing und den Schlaf tiefgreifend beeinflusst. Das zeigen die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe der Ludwig-Maximilians-Universität München.

27.07.2021

Mann liegt im Bett und hält sich mit der Hand das linke Auge zu
© Foto: bmf-foto.de / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Die Arbeitsgruppe vom Institut für Medizinische Psychologie führte zwischen dem 4. April und dem 6. Mai 2020 eine globale Chrono-Corona-Umfrage durch, bei der 11431 Erwachsene aus 40 Ländern nach ihrem Schlaf-Wach-Verhalten und verschiedenen Aspekten des Wohlbefindens befragt wurden.

Die endgültige Stichprobe bestand aus 7517 Befragten (68,2 % Frauen), die im Durchschnitt knapp 33 Tage im Lockdown waren. „Die Schlafmitte an Arbeitstagen verzögerte sich durchschnittlich um 50 Minuten und an freien Tagen um 22 Minuten. Die Schlafdauer am Arbeitstag wurde um 26 Minuten erhöht und an freien Tagen um 9 Minuten verkürzt“, heißt es in der Mitteilung der Universität.

Die Regulierung des menschlichen Schlafes ist mit drei Uhren verbunden, der zirkadianen Uhr, der Sonnenuhr und der sozialen Uhr (Schule/Arbeit und Mahlzeiten). Zirkadiane Uhren werden überwiegend von der Sonnenuhr gesteuert und die Diskrepanz zwischen der zirkadianen und der sozialen Uhr wird als sozialer Jetlag bezeichnet.

Dieser nahm laut der Studie während des Lockdown um rund 30 Minuten ab. Bei den meisten Menschen näherten sich die Schlaf-Wach-Zeiten während der sozialen Einschränkungen denen vor dem Lockdown an. Änderungen der Schlafdauer und des sozialen Jetlags wurden beeinflusst von der Verwendung von Weckern im Lockdown und waren bei jungen Erwachsenen größer.

Der Aufenthalt im Freien und die damit verbundene Lichtexposition reduzierte sich infolge der sozialen Einschränkungen bei den Studienteilnehmern um 50 Prozent (2,35 h auf 1,13 h), was sich auf das Schlaf-Wach-Verhalten und verschiedene Aspekte des Wohlbefindens auswirkte. „Das schließt selbstbewertete Schlafqualität, Lebensqualität, körperliche Aktivität, Produktivität und Bildschirmzeit ein, wobei längere Bildschirmzeit eindeutig als schlechter angesehen wurde“, so die Forscher.

Obwohl sich all diese Aspekte im Durchschnitt verschlechterten, berichteten viele Teilnehmer über keine Änderungen oder sogar Verbesserungen. Waren die Befragten weniger im Freien, wurde das mit negativerem Wohlbefinden (mit Ausnahme der Produktivität) verbunden und beeinflusste auch Verzögerungen der Schlafmitte, jedoch nicht der Schlafdauer.

„Unsere Ergebnisse deuten auf ein massives Schlafdefizit unter sozialem Zeitdruck vor der Pandemie hin, geben Aufschluss über den tatsächlichen Schlafbedarf verschiedener Altersgruppen und legen nahe, dass ein sozialer Jetlag bis 20 Minuten toleriert wird. Ein entspannterer sozialer Zeitdruck fördert somit mehr Schlaf, weniger sozialen Jetlag und eine geringere Nutzung des Weckers. Lockdown-bedingte Veränderungen des Wohlbefindens werden durch Sonnenlichtexposition im Freien beeinflusst, so dass mehr Zeit bei Tageslicht zu einer höheren psychischen (z. B. subjektiven Lebensqualität) und körperlichen (z. B. körperliche Aktivität und Schlafqualität) Belastbarkeit beitragen kann“, lautet das Fazit der Wissenschaftler.

Quelle: IDW

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