Wiederaufbereitung von Medizinprodukten

Ein sehr verantwortungsvoller Aufgabenbereich in der Zahnarztpraxis ist die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten. Die Hygiene steht dabei an erster Stelle.

von Tanja Rosellen, QMB & ZMP, Bergheim
26.08.2022

Ausgabe 04/2022 wipra220428.jpg
© Foto: ArtistGNDphotography / Getty Images / iStock [M]
Anzeige

Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind wichtig

Oberste Priorität in jeder Zahnarztpraxis hat die Hygiene! Damit die Wiederaufbereitung aller Medizinprodukte ordnungsgemäß durchgeführt wird, gibt es rechtliche Rahmenbedingungen, die den Prozess festlegen und so für einen hohen Hygienestandard sorgen. In diesem Artikel gehe ich auf diese Rahmenbedingungen und ihre Aussagen ein.

Vier verbindlich gültige Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen

Laut der Bundeszahnärztekammer gibt es für Zahnarztpraxen aktuell vier verbindlich gültige Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen. Hinsichtlich der Wiederaufbereitung dentaler Medizinprodukte ist die Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für uns entscheidend. In der Empfehlung "Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten", die 2012 in verbindlicher Neufassung veröffentlicht wurde, ist klar festgelegt, wie die Aufbereitungsprozesse der dentalen Medizinprodukte sicherzustellen sind. Bei konsequenter Einhaltung der Anforderungen ist eine standardisierte, reproduzierbare und effektive Wiederaufbereitung garantiert und so die rechtliche Pflicht der Zahnarztpraxis hinsichtlich der Hygiene erfüllt. Auch ist hier ganz deutlich zu sagen, dass diese Empfehlung vom Robert Koch-Institut durchaus Gesetzescharakter hat und nicht als unverbindliche Empfehlung verstanden werden darf.

Rechtlich korrekte Wiederaufbereitung

Allgemein beinhaltet der Zyklus der Wiederaufbereitung acht Einzelschritte. Nicht alle sind bei jedem Medizinprodukt durchzuführen. Welche das im Einzelnen sind, ist durch die Einstufung der unterschiedlichen Medizinprodukte in die jeweiligen Risikoklassen ersichtlich. Diese sind auch in den "Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten" festgelegt.

Wiederaufbereitung Schritt für Schritt

Am Beginn steht die sachgerechte Vorbereitung, die neben dem sicheren Transport zum Aufbereitungsort eine Vorreinigung zur Vermeidung einer Proteinfixierung vorsieht. Die Vorreinigung ist manuell oder auch mit einem Ultraschallgerät möglich.

Die gesammelten Instrumente sind unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes in das Reinigungs- und Desinfektionsgerät zu sortieren. Hierbei ist vor allem wichtig, dass die Instrumente genügend Platz haben und, wenn möglich, geöffnet werden, um eine hygienische Reinigung von allen Seiten sicherzustellen. Wenn die vollständig desinfizierten Medizinprodukte getrocknet sind, kann eine Prüfung erfolgen. Diese beinhaltet neben der Sauberkeit, die am besten unter einer beleuchteten Lupenlampe kontrolliert wird, auch eine Prüfung der Unversehrtheit. Hier wird überprüft, ob Material und Funktion noch einwandfrei sind. Sollte dies nicht der Fall sein, folgt die Instandsetzung, in jedem Fall aber die Pflege. So wird, auch im Sinne der Nachhaltigkeit, für die Langlebigkeit der Medizinprodukte gesorgt. Nach einer abschließenden Funktionsprüfung kann das Dentalinstrument in einer Sterilisationsfolie, für die eine Konformitätserklärung vorliegt, eingeschweißt werden, sofern die Risikoeinstufung es vorsieht. Auch die abschließende Sterilisation und die damit verbundene Dokumentation und Freigabe ist nicht bei allen Medizinprodukten nötig. So können unkritische Instrumente nach einem kürzeren Wiederaufbereitungsprozess deutlich schneller wieder am Patienten verwendet werden.

Aufbereitung nur vom Fachpersonal

Rechtlich festgelegt ist natürlich auch, dass die Schritte im Aufbereitungszyklus ausschließlich von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden dürfen. Das bedeutet eine abgeschlossene medizinische Ausbildung, die seit 2002 einen Hygieneschein beinhaltet. Wenn der Abschluss der Ausbildung vor diesem Jahr liegt, kann entsprechend eine zusätzliche Qualifikation in einer Weiterbildung erworben werden.

Klassifizierung von Medizinprodukten in Risikoklassen

Unverändert in der Neufassung von September 2012 sind die Risikoklassen unkritisch, semikritisch A und B sowie kritisch A, B und C. Sollte dennoch Unsicherheit bei der Klassifizierung herrschen, ist immer die höhere mit entsprechend aufwendigerem Aufbereitungsverfahren zu wählen. Für jede Produktgruppe ist eine individuelle Arbeitsanweisung festzulegen, die die nötigen Schritte des oben genannten Wiederaufbereitungszyklus beinhaltet. Auch sind hier die jeweiligen Herstellerangaben zu berücksichtigen. So gibt es von jedem Hersteller eine eigene Empfehlung, wie die Medizinprodukte am besten gereinigt, gepflegt und funktionsfähig erhalten werden können. Die korrekte Wiederaufbereitung von Medizinprodukten ist von höchster Bedeutung für die Infektionsprävention und damit zentraler Bestandteil eines erfolgreichen Hygienemanagements. In diesem Sinne ist es nicht nur rechtlich, sondern auch für uns alle sinnvoll und wichtig, die "Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten" vollständig zu lesen und im Praxisalltag zu leben.

Checkliste hygienische Wiederaufbereitung

  • Sachgerechte Vorbereitung (z. B. Vorbehandeln, Vorreinigen) von benutzten Medizinprodukten
  • Zügig zum Aufbereitungsort transportieren (vermeidet Verletzungen, Kontaminationen und Beschädigungen)
  • Reinigung, inkl. Zwischenspülungen, Desinfektion und Trocknung
  • Prüfung aller Medizinprodukte auf Sauberkeit und Unversehrtheit (z. B. Korrosion, Materialbeschaffenheit), ggf. erneute Wiederaufbereitung
  • Falls nötig Instandsetzung des Medizinprodukts
  • Pflege
  • Abschließende Funktionsprüfung und je nach Risikoeinstufung:
  • Verpacken des Instruments in Einschweißfolie
  • Validierte Sterilisation
  • Dokumentation der Charge
  • Freigabe

Das rät der Azubi-Coach: Wann desinfizieren, wann sterilisieren?

Die Risikoeinstufung hilft, je nach Schwierigkeitsgrad die richtigen Arbeitsschritte für die Instrumentenaufbereitung auszuwählen. Für jede Instrumentengruppe (z. B. Sonden, Zangen etc.) wird der geplante Einsatz festgelegt und das Instrument genau hinsichtlich Oberflächenstruktur und Besonderheiten betrachtet. Die Ergebnisse hält man schriftlich zum Nachlesen für spätere Wiederaufbereitungen fest.

Die Aufbereitung richtet sich nach der Risikostufe:

1) Kritisch, semikritisch oder unkritisch?
Wie wird das Instrument beim nächsten Gebrauch eingesetzt? Kommt es nur mit gesunder Haut in Kontakt, gilt es als unkritisch. Berührt man die Schleimhaut im Mund, sollte man es als semikritisch einstufen. Instrumente der höchsten Risikostufe (kritisch) kommen mit Blut oder Wunden in Kontakt.

2) Kategorie A oder B?
Nun wird beurteilt, wie schwierig es ist, das Instrument aufzubereiten. Glatte, leicht erreichbare Oberflächen kommen in Kategorie A. Gibt es Hohlräume (sog. Lumina), schwierig erreichbare Stellen oder Gelenke, knickempfindliche Teile wie Kabel oder kann man das Instrument nur wenige Male aufbereiten (z. B. Endonadeln), gehört es in Kategorie B.
Für Instrumente der Kategorie unkritisch und semikritisch reicht eine Reinigung und Desinfektion, am besten im Thermodesinfektor. Sobald man die Kategorie kritisch erreicht, muss man zusätzlich verpacken und sterilisieren. Das trifft auf alle Instrumente aus der Chirurgie zu, aber auch auf viele Instrumente aus dem Bereich Wurzelkanalbehandlung und Parodontologie. Ist man sich nicht sicher, stuft man das Instrument zur Sicherheit eine Kategorie höher ein.

Hier ein Beispiel:
Eine Pinzette, die beim Vernähen einer Wunde eingesetzt wird, hat eine geriffelte Oberfläche für besseren Halt. Obwohl kein Hohlraum oder Gelenk vorhanden ist, ordnet man die Pinzette aufgrund der schwierig zu reinigenden Oberfläche anstatt in die Kategorie kritisch A besser in kritisch B ein. Benutzt man die gleiche Pinzette bei einer Füllung, ist sie semikritisch B.
Susann Frege Gesundheitsökonomin (M.A.) Velbert

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *
Inhaltsverzeichnis