Neue Studie stellt Obergrenzen für risikoarmen Alkoholkonsum in Frage

(kib) Wer dauerhaft mehr als zwei Liter Bier oder eine Flasche Wein pro Woche konsumiert, riskiert mehr Schlaganfälle, tödliche Aneurysmen und Herzversagen sowie eine insgesamt höhere Gesamtsterblichkeit. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sieht keinen Widerspruch zu ihren Richtwerten.

26.04.2018

Mann trinkt ein Glas Bier.
© Foto: Yvonne Weis / stock.adobe.com
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In dieser verglichen die Wissenschaftler der Universität Cambridge, die Trinkgewohnheiten von 600.000 Menschen aus 19 Ländern weltweit. An dem Projekt beteiligt waren auch Forscher aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum. Die Daten stammten aus 83 prospektiven Studien, die zwischen 1964 und 2014 Teilnehmer eingeschlossen haben. Bei der Auswertung wurden Alter, Tabakkonsum, Bildungsniveau und Beruf berücksichtigt.

Die Grenze, oberhalb derer die Gesamtsterblichkeit deutlich anstieg, lag bei 100 Gramm Reinalkohol pro Woche. Das entspricht in etwa zwei Litern Bier oder knapp einer 0,75 l-Flasche Weißwein. Mit steigendem Alkoholkonsum steigt das Sterblichkeitsrisiko: Ein Alkoholkonsum von mehr als 200 Gramm pro Woche verkürzt die Lebenserwartung um ein bis zwei Jahre, ein Konsum von über 350 Gramm pro Woche sogar um bis zu fünf Jahre. Überraschenderweise fanden die Wissenschaftler keine nennenswerten Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der alkoholbedingten Sterblichkeit.

Mit höherem Alkoholkonsum stieg das Risiko für Schlaganfälle, tödliche Aneurysmen und Herzversagen, tödlichen Bluthochdruck und außerdem die Gesamtsterblichkeit. Die Forscher beobachteten allerdings auch in dieser Studie das bekannte Phänomen, dass bei moderatem Alkoholkonsum weniger Herzinfarkte auftraten. Doch insgesamt stellen die Ergebnisse die weitverbreitete Annahme in Frage, dass sich moderates Trinken günstig auf die Sterberate an Herz-Kreislauferkrankungen auswirkt.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum weist darauf hin, dass die Empfehlungen zum gesundheitlich risikoarmen Alkoholkonsum innerhalb der westlichen Länder derzeit erheblich variieren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nennt zum Beispiel als gesundheitlich unbedenkliche Obergrenze eine Höchstmenge von 140 Gramm pro Woche für Männer und 70 Gramm für Frauen. In den USA dagegen gelten 196 Gramm pro Woche als Obergrenze, die Briten wiederum raten Männern wie Frauen, wöchentlich nicht mehr als 140 Gramm Alkohol zu sich zu nehmen. Sinnvoll wäre es, so die Wissenschaftler, hier weltweit eine Vereinheitlichung anzustreben. Die aktuelle Studie schaffe eine gute Grundlage dafür.

Dabei sei die Obergrenze kein Ziel, das man mit seinem Trinkverhalten anpeilen sollte. Sie dürfe keinesfalls als Empfehlung missverstanden werden, wöchentlich diese Alkoholmenge zu konsumieren, warnen die Forscher.

DGE sieht keinen Widerspruch

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat inzwischen auf die neuen Erkenntnisse reagiert. In einer Pressemeldung heißt es, dass die aktuell veröffentlichten Ergebnisse nicht im Widerspruch zu den Referenzwerten für Alkohol der DGE stünden. Diese geben als Richtwert für eine maximal tolerierbare Alkoholzufuhr zehn Gramm pro Tag für gesunde Frauen und 20 Gramm pro Tag für gesunde Männer an. Dabei entsprechen 20 Gramm Alkohol circa 0,5 Liter Bier, 0,25 Liter Wein oder 0,06 Liter Weinbrand.

"Diese Angaben dürfen allerdings nicht als Aufforderung verstanden werden, täglich Alkohol zu konsumieren. Es kann jedoch keine Alkoholmenge angegeben werden, die bei regelmäßigem Konsum als unbedenklich bezüglich verschiedener negativer gesundheitlicher Folgen bezeichnet werden kann", heißt es in der Meldung weiter. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen gibt an, dass auch bei einem risikoarmen Konsum mindestens zwei alkoholfreie Tage pro Woche eingehalten werden sollten.

Quelle: IDW, DGE

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