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Fortbildung: So wird die Füllung zum vollen Erfolg

Füllungen gehören zum absoluten Alltagsgeschäft in Zahnarztpraxen. Zahnmedizinische Fachangestellte können durch eine gute Vorbereitung, die sichere Kenntnis der Abläufe sowie höchste Konzentration während der gesamten Behandlung wesentlich dazu beitragen, dass Zahnärzte klinisch hervorragende Ergebnisse erzielen.

von Britt Salewski, Freie Journalistin, Köln
07.06.2021

Zahn aus brauen und weißen Zuckerstücken
© Foto: Ralf Geithe / stock.adobe.com [M]
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50 Millionen. Das ist die Anzahl der jährlich gelegten Füllungen in den deutschen Zahnarztpraxen. Keine andere Behandlung wird in den Praxen häufiger durchgeführt als diese. Umso wichtiger ist es für die ZFA, sich in diesem Bereich gut auszukennen. Dazu gehören Informationen über die Indikationen für eine Füllungstherapie, Hintergründe zu den Materialien, die dabei verwendet werden, sowie umfangreiches Wissen zum Behandlungsablauf.

Zahnfüllungen zu legen bedeutet in erster Linie, etwas zu reparieren und wiederherzustellen, was durch eine Karies oder ein Zahntrauma (Unfall, Biss auf etwas Hartes) beschädigt wurde. Auch nach einer erfolgten Wurzelkanalbehandlung muss die Zugangskavität wieder verschlossen werden. Daher gehört die Füllungstherapie zu den zahnerhaltenden Behandlungen. Die Art der Füllungstherapie richtet sich danach, wie groß der zu behebende Defekt ist. Unterschieden wird dabei zwischen direkten und indirekten Restaurationen.

Viele Schäden, sowohl kleinere als auch größere, lassen sich mit fließfähigen oder modellierbaren Materialien (direkt) beheben. Bei ausgewählten Indikationen werden Patienten mit Labor- bzw. CAD/CAM-gefertigten Restaurationen wie Inlays, Onlays, Overlays oder auch Kronen (indirekt) versorgt (CAD/CAM steht für "computer-aided design/computer-aided manufacturing").

Für diese Arten der Behandlung stehen viele und vor allem unterschiedliche Materialien zur Verfügung (Abb. 1). Sie unterscheiden sich in den Formungseigenschaften, der Langlebigkeit sowie bei den Anforderungen an die Verarbeitung. Als Klassiker gilt dabei Amalgam, eine silberfarbene Legierung aus verschiedenen Metallen, u. a. Quecksilber. Es ist robust in der Anwendung, hart und kaustabil, langlebig und bakterienfeindlich. All das macht dieses Material zu einer Option für Zähne im prämolaren und molaren Bereich. Allerdings: Viele Patienten lehnen dieses Material aus gesundheitlichen und ästhetischen Gründen ab. Auch viele Zahnarztpraxen arbeiten inzwischen komplett amalgamfrei. Dazu gehört auch die Praxis von Claudia Scholz, Zahnärztin aus Kiel: "Wir haben uns auf ästhetische Zahnheilkunde spezialisiert und verwenden überhaupt kein Amalgam mehr. Stattdessen kommen bei uns innovative Kunststoffmaterialien in der direkten Füllungstherapie zum Einsatz", erklärt Scholz.

Viele Materialien für viele Bedürfnisse

Die nichtmetallischen Werkstoffe haben denn auch in den vergangenen Jahren in der Zahnheilkunde eine größere Bedeutung gewonnen. Dazu zählen Kunststoffe, die im direkten Verfahren verwendet werden, oder Keramiken, die häufig bei indirekten Restaurationen das Material der Wahl sind. Die Kunststoffe unterscheiden sich wie folgt:

  • Komposite sind Mischungen von Kunstharz und kleinen Füllkörpern aus Glas- und Quarzteilchen. Sie werden für einen großen Teil der klinischen Situationen genutzt, bei denen eine Füllungstherapie indiziert ist. Wichtig ist dabei, dass das Behandlungsfeld frei von Blut und Speichel bleibt. Die neuesten selbstadhäsiven Komposite verkürzen die Behandlungszeit, da sie kein Ätzen, Bonding und Schichten erfordern. Einige davon setzen auch Fluorid frei.
  • Glasionomerzement besteht aus Glaspulver, Polyacrylsäure und anderen organischen Säuren, Pigmenten und Wasser. Glasionomerzemente haben durch die Freisetzung von Fluoridionen einen kariesprotektiven Effekt. Es handelt sich um ein zahnfarbenes Material, das vorwiegend für temporäre Versorgungen infrage kommt.
  • Unter Kompomeren versteht man eine Mischung aus Kompositen und Glasionomerzementen. Sie müssen ähnlich wie herkömmliche Komposite geschichtet und adhäsiv eingeklebt werden. Dieses Material wird häufig in der Behandlung von Kindern eingesetzt.

Im Alltag muss keine ZFA sämtliche materialkundlichen Aspekte beherrschen. "Im Praxisalltag hilft es, die wesentlichen Eigenschaften zu kennen", erklärt Dr. Constanze Bösel, Zahnärztin und in der Abteilung Clinical Affairs bei Dentsply Sirona tätig. "Der Einsatz von bestimmten Materialien richtet sich vor allem nach der Indikation, also nach dem klinischen Bild des Patienten." Auch bestimmte anatomische Gegebenheiten spielen dabei eine Rolle. Ältere Patienten oder auch Kinder sind oft nicht in der Lage, über einen längeren Zeitraum den Mund offen zu halten - das ist aber für die Trockenhaltung des Behandlungsfelds sehr wichtig. Gefragt sind dann also Materialien, die an diesem Punkt weniger empfindlich sind. Claudia Scholz sagt dazu: "Wir nutzen deshalb eher feuchtigkeitsunempfindliche Materialien wie zum Beispiel ein neues selbstadhäsives Komposithybrid, bei dem wir nicht viel Zeit mit Ätzen und Bonden verbringen müssen." Dazu kommen persönliche Präferenzen der behandelnden Zahnärzte, erklärt Nicole Matt, Group Product Manager für direkte Füllungsmaterialien bei Dentsply Sirona. "Manche schätzen fließfähige Materialien, andere mögen lieber stopfbare Komposite. Deswegen bieten wir unser Komposit auch in zwei unterschiedlichen Konsistenzen an, der Unterschied liegt nur in der Handhabung." Für die ZFA sei es daher besonders bei mehreren Behandlern in einer Praxis wichtig zu wissen, wie welcher Zahnarzt arbeitet. Es sei auch nicht nötig, eine umfangreiche Farbauswahl bereitzulegen, erklärt die Expertin. "30 verschiedene Farben und gegebenenfalls auch ein kompliziertes Schichtsystem verlängern die Behandlungszeit und erschweren den Ablauf. Bei modernen Kompositen kommt man mit nur wenigen Farben zum gleichen Ergebnis."

Um den Überblick zu behalten, hat sich das Team in der Praxis von Claudia Scholz ein System überlegt, das ZFA Madita Voß so beschreibt: "Neben den Instrumenten legen wir auf das Tray immer zwei Varianten eines Komposits - das "Flowable" und das Stopfbare. Dazu kommen auch die Parotispflaster, die dabei helfen, den Speichelfluss beim Patienten zu kontrollieren." Als wirklich hilfreich hätte es sich erwiesen, die Trays frühzeitig vorzubereiten, sodass nur noch patientenindividuell ergänzt werden muss, wobei dann auch die Farbe des Materials berücksichtigt wird. "Wir haben auch Fotos davon gemacht, sodass neue Mitarbeiterinnen oder auch Auszubildende sich schnell zurechtfinden", berichtet Madita Voß. "Und bei den Farben verlassen wir uns zusätzlich auf unsere Erfahrung - dafür entwickelt jeder schnell einen Blick." Zahnärztin Scholz ergänzt: "Wir arbeiten inzwischen mit Universalkompositen, die einen Chamäleoneffekt haben. Das heißt: Der Farbeindruck der Füllung passt sich dank spezieller Füllkörper optimal an die Umgebung des Zahns an. Das vereinfacht die Farbauswahl deutlich."

Konzentration bei jedem Schritt

Die größte Herausforderung in der Füllungstherapie ist tatsächlich der Behandlungsablauf selbst, denn alles, was mit adhäsiven Materialien zu tun hat, muss schnell gehen. Ein wichtiger Grund ist, dass die Verarbeitung von Kompositen ein Abdimmen der Behandlungsleuchte sowie eine gründliche Trockenlegung der Mundhöhle erfordert. Das zu erreichen, ist anspruchsvoll. Für die einzelnen Komponenten bei einer adhäsiv gelegten Füllung (Ätzen, Füllen) sollten die entsprechenden Fläschchen und Materialien gut erreichbar bereitliegen. Dabei ist es nicht zwingend notwendig, alle vom gleichen Hersteller zu verwenden. Für Zahnärztin Claudia Scholz sind an dieser Stelle Studienergebnisse maßgeblich, und die zeigen, dass der Zusatznutzen sehr begrenzt ist. "Ein gutes Bonding-Präparat ist wichtig, und dann ist die Wahl des Komposits zweitrangig. Herkömmliche Adhäsive und Komposite lassen sich problemlos miteinander kombinieren."

Die Notwendigkeit, am Stuhl zügig zu agieren, ergibt sich auch daraus: Die verwendeten Kunststoffe härten unter UV-Licht aus. Diesen Prozess gilt es genau zu kontrollieren: Dafür sollte die Arbeitsleuchte, wenn möglich, entsprechend eingestellt werden. Einige Hersteller verfügen über einen sogenannten Kompositmodus, der Blauanteile aus dem Licht filtert und somit ein vorzeitiges Aushärten verhindert. Das ist übrigens ein Aspekt, den Zahnärzte beim Lupenbrillenlicht berücksichtigen müssen.

Ist das Material in die Kavität eingebracht, muss es mit der Polymerisationslampe zielgerichtet ausgehärtet werden. Dafür sollte die Lampe immer optimal vorbereitet sein, das heißt: frei von jeder Verschmutzung und mit geladenem Akku. Dr. Bösel weist darauf hin, dass die ZFA während des Aushärtens darauf achten sollte, dass "die Polymerisationslampe so dicht wie möglich an der auszuhärtenden Stelle positioniert ist und das entsprechende Areal möglichst komplett abdeckt". Die angegebenen Aushärtezeiten dürften nicht abgekürzt werden. Bei größeren Restaurationen empfiehlt die Expertin, die Füllung von allen Seiten auszuhärten. Für die Qualität der Behandlung sei das mitentscheidend. Das gilt erst recht für die Konzentration des Behandlungsteams. Bei den modernen Füllungsmaterialien handelt es sich um technologisch hochentwickelte Werkstoffe, die mit Blick auf die gewünschte Langlebigkeit im Umgang nur wenige Fehler verzeihen. "Als Assistenz muss ich deshalb der Behandlung Schritt für Schritt aufmerksam folgen", erklärt die ZFA Madita Voß. "Claudia Scholz arbeitet mit einer Lupenbrille und konzentriert sich vollständig auf das Arbeitsfeld. Dabei darf kein Speichel oder gar Blut stören, und mitten in der Behandlung sollte sie nicht aufschauen müssen, um ein Instrument oder Material in die Hand zu nehmen. Wenn ich am Stuhl alles bereithalte, ohne dass ich bei jedem Arbeitsschritt darum gebeten werde, geht es einfach schneller. Als Team sind wir perfekt aufeinander eingespielt."

Perspektiven für mehr Einfachheit

Die Füllungstherapie ist ein ausgefeiltes und differenziertes Behandlungskonzept, für das viele Materialien mit unterschiedlichen Workflows zur Verfügung stehen. Doch wie sieht die Zukunft aus? Claudia Scholz beobachtet in ihrer Praxis zum einen tatsächlich etwas weniger Behandlungsfälle als noch vor fünf Jahren. "Eine gute häusliche Mundhygiene, gerade bei Kindern, hat daran sicherlich Anteil", sagt sie. Zum anderen sind die Materialien, die verarbeitet werden, langlebiger geworden. Das führt dazu, dass weiterer Behandlungsbedarf deutlich später entsteht. Ein wesentlicher Trend ist die Vereinfachung der Behandlung: "Das ewig lange Schichten wurde abgelöst durch fließfähige Bulk-Fill-Materialien, die auch in unter sich gehende Stellen wunderbar hineinfließen. Die Oberfläche lässt sich anschließend schön modellieren." Das Entwicklungspotenzial liegt daher ihrer Ansicht nach weiter im Workflow: "Wir erreichen heute schon hochästhetische Ergebnisse. Selbstadhäsive Komposite bieten uns eine langlebigere Option für die Versorgung von Patienten, die es nur schwer tolerieren, lange den Mund geöffnet zu halten, und zusätzlich einen deutlich abgekürzten Behandlungsablauf." Davon profitieren sowohl die Patienten als auch das gesamte Praxisteam.

Füllungstherapie: So gelingt es leichter

  1. Vorbereitung ist alles: von den Trays über die Polymerisationslampe bis zum Patienten. Was vorher erledigt ist, erleichtert die Behandlung.
  2. Nach der Aufbereitung der Instrumente direkt Trays für jede Füllungstherapie vorbereiten und griffbereit lagern. Fotos davon erleichtern die Arbeit und sichern die Qualität.
  3. Achten Sie darauf, die Trays patientenorientiert zusammenzustellen und herauszulegen. Kinder benötigen z.B. kleinere Instrumente.
  4. Lesen Sie die Gebrauchsanleitungen der unterschiedlichen Materialien. Für oft verwendete Materialien die Parameter wissen.
  5. Da die meisten Zahnärzte mit einer Lupenbrille arbeiten und ihren Blick fokussieren: Behalten Sie den Speichelfluss des Patienten im Blick - Trockenheit ist bei Füllungstherapien sehr wichtig.
  6. Legen Sie Checklisten zu den am häufigsten verwendeten Materialien hinsichtlich des Workflows und der Lichthärtungszeiten an.
  7. Achten Sie bei der Polymerisationslampe darauf, dass sie immer sauber ist. Verschmutzte Lampen beeinträchtigen die Lichthärtung. Überprüfen Sie regelmäßig die Lichtleistung.
  8. Prüfen Sie vor der Behandlung, ob der Akku der Lampe geladen ist.
  9. Positionieren Sie die Polymerisationslampe während der Behandlung so nah wie möglich an der auszuhärtenden Stelle, sodass das entsprechende Areal komplett abgedeckt ist. Konzentrieren Sie sich während der Lichthärtung nur auf die Kavität und stützen Sie die Hand ggf. ab.
  10. Nutzen Sie Ihr Wissen in der Patientenaufklärung. Bei der Patientenvorbereitung können Sie den Ablauf erklären und so beruhigen.
  11. Wenn ein kostenpflichtiges Material eingesetzt werden soll, können Sie erst beim Patienten das Einverständnis einholen und auf die Garantieleistungen der Praxis hinweisen. Vorbereitete Formulare helfen.

Expertentipp -
Vorbereitung einer Füllungstherapie

Madita Voß, ZFA in der Praxis von Claudia Scholz, Kiel
  1. Tray/Behandler-Seite: Spiegel, Sonde, Pinzette, Kugelstopfer, Heidemann- Spatel, Okklusionsfolie im Halter, Zahnseide, Watterollen, Parotispflaster (Speichelabsorber), Bohrerset, Phosphorsäure ("Ätzgel"), Komposit "flowable" und/ oder stopfbar, ggf. Kofferdam
  2. Assistenz-Seite: Spiegel, Zellstoff, Polymerisationslampe, Bonding und Microbrush, kleiner und großer Sauger
  3. Arbeitsplatte: Komposit stopfbar, Matrizenband, Keil, Spannzange und Matrizenspanner, Reservewatterollen



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