Angst vor dem Arzt? Online-Portal bietet Patienten Hilfe

Eine neue Website klärt Patienten mit Arztphobie sachlich auf. Ziel ist es, die Betroffenen trotz ihrer Ängste zu einem Besuch in der Praxis zu bewegen. Auch eine Datenbank mit besonders sensiblen Ärzten ist geplant.

von Kathrin Handschuh
14.05.2021

Angst vor der Spritze? Die Trypanophobie kann sich schnell zu einer regelrechten Arztphobie entwickeln. Auf einer speziellen Website erfahren Betroffene, warum es trotzdem besser ist, eine Praxis aufzusuchen.
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Nackt Ausziehen beim EKG oder Vorgänge aus dem Intimbereich schildern – für manche Patienten ist dies undenkbar. Sie verzichten lieber auf notwendige Arztbesuche und verhindern so eine frühzeitige Diagnosestellung. Um Betroffenen ihre Ängste vor dem Termin in der Praxis zu nehmen, hat der Journalist Jörg Keller gemeinsam mit zwei Autoren das Online-Portal „Arztphobie.com“ ins Leben gerufen. Das Portal will sachlich über Krankheitsbilder, Symptome sowie Behandlungsmethoden aufklären und die Patienten dazu bewegen, doch einen Arzt aufzusuchen.

„Viele Symptome sind den Betroffenen peinlich und unangenehm. Eine Online-Recherche kann die Ängste noch verschlimmern“, sagt Matthias Wiesmeier, zuständig für Marketing und Technik. Schamgefühle beim Urologen oder Panikattacken vor dem Zahnarztbesuch beispielsweise seien weit verbreitet. Neben der akuten Phobie seien für Manche auch Bequemlichkeit und Stressvermeidung entscheidende Gründe, nicht zum Arzt zu gehen. Eine dänische Studie hat im Jahr 2018 ermittelt, dass viele Darmkrebserkrankte (rund 70 Prozent) selbst dann keinen Behandler aufsuchten, wenn sie Symptome wie Rektalblutungen zeigten.

Krankheiten sind angsteinflößend

Die Website listet Krankheiten auf, die besonders häufig Ängste verursachen, etwa Arthrose, Augenerkrankungen, Demenz, Diabetes oder Krebs. Schamgefühle entstünden vor allem im Zusammenhang mit Bulimie, Impotenz oder Geschlechtskrankheiten. Suchtprobleme und Störungen der Sexualität sind im Gespräch mit den Ärzten immer noch ein Tabu. Auch psychische Erkrankungen blieben aus Angst oder Scham häufig unbehandelt.

Viele Symptome sind den Betroffenen peinlich und unangenehm. Eine Online-Recherche kann die Ängste noch verschlimmern.
Matthias Wiesmeier, Online-Portal Arztphobie.com

In zahlreichen Artikeln erläutern die Autoren, warum besonders bei psychischen Erkrankungen eine Vermeidungsstrategie nicht hilfreich ist und wie ärztliche Hilfe die Situation der Betroffenen verbessern kann. Thema ist auch, welche Symptome mit einer Arztphobie einhergehen, woher sie kommen kann und wie sie möglicherweise durch andere Ängste wie beispielsweise Hämatophobie (Angst vor Blut) oder Trypanophobie (Angst vor Spritzen und Injektionen) verstärkt wird.

Außerdem gibt es eine Anleitung zur Selbsthilfe, wo die Betroffenen Entspannungstechniken lernen und animiert werden, positive Erfahrungen beim Arzt zu sammeln zum Beispiel durch Vorsorgeuntersuchungen. Eine Checkliste kann den Patienten helfen, dem Arztbesuch weniger ängstlich gegenüber zu stehen.

In den kommenden Wochen wollen die Autoren Befragungen unter Ärzten durchführen, um herauszufinden, was diese tun, um ihren Patienten Ängste vor medizinischen Behandlungen zu nehmen. Haben sie beispielsweise ein besonderes Händchen für ängstliche Besucher? Kann eine Begleitperson mitgebracht werden? Oder gibt es ein spezielles Einrichtungskonzept, das für eine angenehme Atmosphäre sorgt? Fernseher gelten beispielsweise vor allem bei Zahnärzten als geeignete Methode zur Ablenkung.

Datenbank mit geschulten Ärzten

Das Team plant, eine umfangreiche Datenbank zu erstellen, die einen Überblick über diejenigen Ärzte liefern sollen, die für die Behandlung von Menschen mit Iatrophobie besonders geeignet sind. Erste Kliniken, die sich mit der Problematik auskennen, werden bereits genannt.

Die Autoren haben sich auf die Bereiche Biologie, Psychologie und Medizin spezialisiert. Arztphobie.com ist laut eigener Angabe ein unabhängiges und ehrenamtlich betriebenes Portal.

Quelle: www.aerztezeitung.de

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