Animation zur Reanimation

Notfallmediziner appellieren an Politik und Gesellschaft, sich verstärkt für die Reanimation einzusetzen. Manch anderes europäisches Land ist da längst weiter als Deutschland. Fünf Maßnahmenvorschläge.

von Dr. Thomas Meißner
10.08.2021

Herzdruckmassage: Bei der Reanimation zählt jede Minute.
© Foto: Gina Sanders / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)
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 Der Deutsche Rat für Wiederbelebung (GRC – „German Resuscitation Council“) fordert von den Bundesländern stärkere Anstrengungen zur Verbesserung der Reanimationserfolge in Deutschland. Vorstandsvorsitzender Professor Bernd Böttiger aus Köln hat dazu anlässlich der Vorstellung der aktualisierten europäischen Reanimationsleitlinien fünf Vorschläge gemacht.

  • Bewusstsein für Bedeutung der Laienreanimation fördern! Bereits drei bis fünf Minuten nach einem Kreislaufstillstand wird das Gehirn dauerhaft geschädigt, nur zehn Prozent der Betroffenen überleben. Der Rettungsdienst trifft im Mittel nach acht bis zwölf Minuten ein. Beginnen Ersthelfer sofort mit der Reanimation, könnten dreimal mehr Menschen überleben, als wenn erst der Rettungsdienst damit beginnt, erklärte Böttiger bei einem Webinar von springermedizin.de. Die Laienreanimationsrate liege in Deutschland derzeit bei 40 Prozent – im europäischen Durchschnitt sind es 58 Prozent.
  • Digitale Technologien nutzen! Längst existieren in verschiedenen Regionen Smartphone-basierte Alarmierungssysteme, zum Beispiel Meine-stadt-rettet.de oder Mobile-retter.de: Per App werden im Notfall parallel zum Rettungsdienst registrierte und medizinisch qualifizierte Ersthelfer alarmiert. Sind sie in der Nähe, können sie die für die Prognose des Patienten wichtigen ersten Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrücken. „In mehr als 50 Prozent der Fälle sind Ersthelfer vor dem Rettungsdienst vor Ort“, sagte Böttiger.
  • Ersthelferkenntnisse deutlich vor der Pubertät vermitteln! Die Initiative „Kids Save Lives“, bei der vor allem Schulkinder trainiert werden, wird seit 2015 von der WHO unterstützt, in einigen Ländern Europas ist sie bereits gesetzlich verankert. Böttiger zeigte sich enttäuscht, dass bislang nur wenige Bundesländer in Deutschland die Initiative umsetzen.
  • Zertifizierte „Cardiac Arrest Center“ aufbauen! Erfreut zeigte sich der GRC-Vorsitzende von der Tatsache, dass bereits 68 Krankenhäuser in Deutschland zertifizierte „Cardiac Arrest Center“ seien. Bis Ende 2021 seien mehr als 100 Zertifizierungsaudits geplant. Cardiac Arrest Center müssen zum Beispiel permanent die Möglichkeit einer Herzkatheter-Versorgung bei akutem Koronarsyndrom vorhalten sowie weitere Kriterien für eine hochqualitative innerklinische Notfallversorgung erfüllen.
  • Telefonisch assistierte Reanimation ermöglichen! Hierbei wird der Anrufer aufgefordert, sein Telefon auf Lautsprecher umzustellen. Nun kann der Leitstellendisponent das Vorgehen bei Personen anleiten, die nicht reagieren und keine normale Atmung aufweisen. Statistisch müsse ein Disponent nur sieben Mal für wenige Minuten Ersthelfer telefonisch anleiten, um ein Leben zu retten, so Böttiger. In Deutschland machen das bislang 23 Prozent der Leitstellen. In Tschechien ist dieses Vorgehen bereits gesetzlich vorgeschrieben.

Ohne politische Unterstützung werde es nicht gelingen, mehr Menschen mit Kreislaufstillstand als bislang zu retten, so Böttiger, und die Überlebensrate von etwa acht Prozent nach außerklinischer Reanimation zu steigern. Denn etwa 200-mal pro Tag passiert in Deutschland ein Kreislaufstillstand außerhalb medizinischer Einrichtungen. „Wenn wir hier aktiv werden, werden wir sehr viel mehr erreichen als durch Einsatz von Medikamenten oder eine verbesserte Postreanimationsphase.“

An den jetzt in deutscher Übersetzung vorliegenden neuen Reanimationsleitlinien des European Resuscitation Council (ERC) hat sich seit 2015 nicht viel verändert (Kurzfassung: Notfall Rettungsmed 2021; 24: 274-345). Neu hinzugekommen sind die Kapitel „Epidemiologie“ und „Lebensrettende Systeme“.

Letzteres beschreibt Ansätze auf Systemebene, um Reanimationsergebnisse auf nationaler Ebene zu verbessern, zum Beispiel durch Kampagnen, Einbindung digitaler Hilfsmittel, Frühwarnsysteme oder die Implementierung von Medical Emergency Teams (MET). Dies zielt auf Entscheider in Politik, Gesundheitswesen und Bildung.

Quelle: www.aerztezeitung.de

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