Begünstigt CrossFit-Training Harninkontinenz bei Frauen?

Der US-amerikanische Trendsport CrossFit ist längst auch in Deutschland verbreitet. Das intensive Training kann jedoch den Beckenboden belasten – eine Metaanalyse weist auf eine hohe Harninkontinenzrate unter den Teilnehmerinnen hin

von Joana Schmidt
08.06.2023

CrossFit-Training: Besonders auch Übungen mit schweren Gewichten könnten zu Harninkontinenz beitragen, meint ein spanisches Forschungsteam
© Foto: Seventyfour / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Ist CrossFit-Training mit Harninkontinenz bei Frauen assoziiert?

Antwort: Einer Metaanalyse zufolge liegt die Prävalenz von Harninkontinenz bei CrossFit-Teilnehmerinnen bei rund 45 Prozent.

Bedeutung: Die Studienautoren raten, vor dem Training nicht zu viel zu trinken, die Blase kurz vorher zu entleeren und den Beckenboden mit Übungen zu stärken.

Einschränkung: Die in die Metaanalyse einbezogenen Studien waren heterogene Beobachtungsstudien von mittlerer bis schlechter Qualität.

CrossFit, eine Art modernes Zirkeltraining, kann Kraft und Ausdauer verbessern, birgt aber aufgrund der hohen Intensität der Übungen auch ein Verletzungsrisiko. Zunehmend wird untersucht, ob die Sportart, die auch intensives Sprungtraining und Gewichtheben beinhaltet, zu Harninkontinenz beitragen kann. Eine Metaanalyse spricht dafür.

Eladio Dominguez-Antuña von der spanischen Universität León und sein Team werteten für die Analyse 13 Querschnittsstudien aus, sechs davon waren vergleichend (Int Urogynecol J 2022; online 30. Mai). In allen wurde die Prävalenz von Harninkontinenz bei CrossFit-Teilnehmerinnen mit unterschiedlicher Parität, Trainingserfahrung und -häufigkeit untersucht. Die Qualität der einbezogenen Studien war befriedigend bis schlecht, ihr Evidenzniveau lag bei vier auf der Skala des Oxford Centre of Evidence-Based Medicine.

CrossFit: Harninkontinenzrate von rund 45 Prozent

Von knapp 5.000 berücksichtigten Frauen im Alter von 18 bis 71 Jahren (Durchschnittsalter 31 Jahre), nahmen 91 Prozent an CrossFit-Trainings teil. 1.637 davon hatten eine Harninkontinenz, was einer Prävalenz von rund 45 Prozent entspricht. Für leichte bzw. moderate Harninkontinenz lagen die Anteile bei rund 55 Prozent bzw. 41 Prozent. Am häufigsten handelte es sich dabei um Stressinkontinenz (81 Prozent).

Die Prävalenz von Harninkontinenz in der weiblichen Allgemeinbevölkerung variiert in der bisherigen Forschung. Dominguez-Antuña und Kollegen verweisen auf gut konzipierte Studien, die einen Anteil von 25–27 Prozent ergeben, was auf eine erhöhte Prävalenz unter CrossFit praktizierenden Frauen hinweist.

Die aktuelle Analyse der sechs Vergleichsstudien lieferte mit einem um 49 Prozent gesteigerten Quotenverhältnis für Harninkontinenz in der CrossFit-Gruppe ein ähnliches Ergebnis. Allerdings waren die einbezogenen Studien sehr heterogen und die Kontrollpersonen waren durchschnittlich etwa zwei Jahre jünger und hatten einen um rund 1 kg/m2 niedrigeren BMI als die Interventionsgruppe. „Wenn Alter, BMI und Parität zunehmen, steigt das Risiko für Harninkontinenz“, so die Forschenden.

„Beckenbodenübungen ins Training integrieren“

Auch Essstörungen, Rauchen, Koffein- und Alkoholkonsum seien Risikofaktoren, die es zu überprüfen gelte. „Zudem sollten Frauen vor dem Training nicht zu viel trinken, die Blase kurz vorher entleeren und gezielte Übungen zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur in das Trainingsprogramm aufnehmen“, rät die Arbeitsgruppe um Dominguez-Antuña. Auch die Auswahl der CrossFit-Übungen sei entscheidend. Besonders sprunglastige Workouts seien mit Harninkontinenz assoziiert gewesen und auch Übungen mit schweren Gewichten könnten dazu beitragen.

„Die Ursache kann ein Anstieg des intraabdominalen Drucks sein, der zu einer Überlastung des Beckenbodens führt“, erklären sich Dominguez-Antuña und Team die Ergebnisse. Die Prävalenz von Harninkontinenz liege bei CrossFit im Mittelfeld, verglichen mit Sportarten wie Radfahren (10 Prozent), Schwimmen (15 Prozent), Volleyball (58 Prozent), Turnen (61 Prozent) oder Trampolinspringen (> 80 Prozent).

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