Die Schwangere hat die Wahl: Mutterpass analog oder digital?

Die Digitalisierung ist in vollem Gange, auch in der frauenärztlichen Praxis. Im Jahr 2022 soll nun der klassische blaue Mutterpass einen elektronischen Zwilling erhalten. Der Schwangeren bleibt aber die Wahl zwischen analog oder digital.

von Dr. Beate Fessler
22.04.2021

Ärztin zeigt etwas auf dem Smartphone
© Foto: SDI Productions / Getty Images / iStock
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Vor genau 60 Jahren wurde der Mutterpass von Frauenärzt*innen entwickelt und liegt in vielen Familien oft über Jahre neben den ersten Babyschuhen als Erinnerung an die spannende Zeit der Schwangerschaft. Das könnte sich schon bald ändern. Denn ein digitaler Mutterpass ist derzeit als eines der medizinischen Informationsobjekte (MIO) in der Entwicklung, neben der elektronischen Patientenakte, der elektronischen Krankschreibung und dem digitalen Impfausweis. 

Alle Daten, die bislang in der Papierversion des Mutterpasses aufgezeichnet werden, sollen künftig digital in der Praxis und einer elektronischen Patientenakte innerhalb einer gesicherten Cloud in der Telematik-Infrastruktur gespeichert werden. „Einer der Vorteile für die Schwangere ist, dass der Mutterpass so weder vergessen werden noch verlorengehen kann“, so Dr. Florian Fuhrmann, Geschäftsführer der kv.dgital GmbH der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Telematik-Cloud wird derzeit von den Krankenkassen und der gematik gemeinsam aufgebaut und soll als mehrfach gesichertes, geschlossenes Netzwerk dem gesamten Gesundheitswesen dienen.

Frauenärzt*innen und die Schwangere selbst können jederzeit auf die gesicherten Daten zurückgreifen. Und die schwangere Frau entscheidet, wer ihn, außer der behandelnden Frauenarztpraxis und geburtshilflichen Abteilung, zu sehen bekommt. „Die Schwangere kann ihre ePA und den elektronischen Mutterpass ansehen und lesen, aber nicht verändern“, so Fuhrmann. Sie kann allerdings Inhalte löschen. Und: Die Frau hat nach wie vor die Wahl zwischen dem analogen und dem digitalen Mutterpass. Man darf gespannt sein, wer das Rennen macht.

App auf Rezept?

Dass die Digitalisierung auf dem Vormarsch ist, zeigt auch der Blick auf die Verwendung von Gesundheits-Apps, die immer häufiger genutzt werden, darunter Lifestyle-Apps, Service-Apps und medizinische Apps. Immerhin zwei von drei Smartphone-Benutzer*innen nutzen eine Gesundheits-App. Gynäkologischen Patientinnen können generell Apps mit Kalenderfunktion zur Zyklusdokumentation oder als Schmerztagebuch empfohlen werden, aber auch Apps mit Erinnerungsfunktionen oder mit Motivation zu einer gesünderen Lebensweise. 

Manche Apps gibt es inzwischen sogar auf Rezept. Verordnet werden können Apps, die im DIGA(digitale Gesundheitsanwendung)-Verzeichnis gelistet sind. Sie sind als Medizinprodukte zugelassen und hinsichtlich eines positiven Versorgungseffekts überprüft. Voraussetzung ist eine begründete Diagnose. Dann, so Professorin Dr. Marion Kiechle, München, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die DiGA und die zusätzlichen ärztlichen Leistungen im Rahmen der DiGA-Anwendung. Der Arzt trägt dabei die Verantwortung für die Auswahl der passenden App für den jeweiligen Patienten und deren korrekte Anwendung. Sprich: „Der Arzt muss die App erklären und erläutern“. Fazit von Kiechle: Gesundheits-Apps haben das Potential sich im verantwortungsvollem Umgang als sinnvolle Ergänzung bestehender Diagnose- und Therapieverfahren zu etablieren.

Quelle: Basierend auf: Hauptthema: Digitalisierung/E-Health, FOKO digital 2021, 4. März 2021

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