Die Welt mit Baby-Augen sehen print

Während Erwachsene visuelle Eindrücke blitzschnell sortieren, müssen Säuglinge dies erst lernen. Diese Fähigkeit ist wichtig, um sich im Alltag zurecht zu finden. Bisher war unklar, ob die visuelle Wahrnehmung im Gehirn von Babys vor dem Spracherwerb fundamental anders ist als bei Erwachsenen. Eine neue Studie zeigt nun, wie Babys visuelle Wahrnehmungseindrücke ordnen.

10.02.2023

BAby-Augen
© Foto: shaunl / Getty Images / iStock
Anzeige

Unser visuelles System ermöglicht es uns täglich durch unseren Alltag zu navigieren und blitzschnell beispielsweise einen Tisch von einem Stuhl zu unterscheiden. Frühere Studien mit Blickbewegungsmaßen zeigten bereits, dass Babys im ersten Lebensjahr immer besser darin werden, Objekte in Kategorien einzuordnen. Eine neue Studie gibt nun Aufschluss über die dabei ablaufenden Prozesse im Gehirn.

Säuglinge können bereits Kategorien unterscheiden

Forscher*innen der Freien Universität Berlin und die Entwicklungspsychologin Stefanie Höhl von der Universität Wien haben dafür die Gehirnaktivitäten von Säuglingen im Alter zwischen sechs und acht Monaten und Erwachsenen beim Betrachten von Bildern verglichen, um herauszufinden, wie Babys die Welt wahrnehmen. „Wir konnten beobachten, dass Babys die verschiedenen Bilder bereits in Kategorien wie ‚Gesichter‘ und ‚Spielzeuge‘ einordnen konnten, aber sie waren dabei deutlich weniger präzise und sehr viel langsamer als die Erwachsenen“, erklärt Höhl. Der Vergleich mit Computermodellen zeigte zudem, dass die Wahrnehmungsprozesse bei Babys vorwiegend von grundlegenden Eigenschaften der Bilder geprägt waren, z.B. Helligkeit und Kanten. Dagegen spielten bei Erwachsenen komplexere Aspekte wie Formen eine größere Rolle. Gleichzeitig gab es spannende Zusammenhänge zwischen den visuellen Wahrnehmungsprozessen der kleinen und großen Versuchsteilnehmer*innen. Diese belegen, dass Babys verschiedene Arten von Objekten schon ganz ähnlich wie Erwachsene wahrnehmen.

Wie sich die Wahrnehmung entwickelt

Die langsamere Informationsweiterleitung im kindlichen Gehirn könnte mit den noch nicht ausgereiften Verbindungen zwischen Gehirnarealen zusammenhängen. Die sogenannte Myelinschicht, die im erwachsenen Gehirn für eine beschleunigte Weiterleitung sorgt, bildet sich nach der Geburt erst noch aus. Dazu passt, dass die an der visuellen Verarbeitung beteiligten Gehirnrhythmen bei den Babys deutlich langsamere Frequenzen hatten als bei den Erwachsenen.

Die Studie zeigt das enorme Potential moderner Analyseverfahren in den kognitiven Neurowissenschaften auf und legt den Grundstein für weitere entwicklungspsychologische Forschung. „Wir haben nun viel über die Wahrnehmung bei Babys im Vergleich zu Erwachsenen gelernt, aber dazwischen passiert natürlich unheimlich viel“, so Höhl. Derzeit führt die Arbeitsgruppe daher weitere Untersuchungen mit Kindern im Kindergarten- und Schulalter durch.

univie.ac.at

Quelle: SpringerPflege.de

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *