Diese 10 „Basics“ zu Rückenschmerzen sollte jeder kennen!

Mit ihrer „Back Facts“-Kampagne will ein internationales Ärzteteam verbreitete Irrtümer im Zusammenhang mit Rückenschmerzen ausräumen. Die gebündelten Informationen sollen Patienten helfen, unnötigen Stress und Ängste abzubauen, und Maßnahmen fördern, die wirklich gegen Rückenschmerzen helfen.

von Dr. Elke Oberhofer
19.01.2021

Junge Ärztin untersucht Patientin
© Foto: © gilaxia / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
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Im Zusammenhang mit Rückenschmerzen kursieren bei vielen Patienten, aber z. B. auch im Internet zahlreiche Vorstellungen und Falschinformationen, die eine effiziente Therapie verhindern und dem Patienten indirekt oder direkt schaden können.

Ein Expertenteam aus Australien und Irland hat im British Journal of Sports Medicine zehn verbreitete Irrtümer zusammengetragen und hält diesen ein Bündel von Empfehlungen, die „Back-Facts“, entgegen.

Laut Prof. Peter O'Sullivan von der Curtin University im australischen Perth können falsche Vorstellungen im Zusammenhang mit Rückenschmerzen dazu führen, dass Patienten „eine negative Denkweise entwickeln, die dazu führt, dass sie ihren Schmerzen zu viel Aufmerksamkeit widmen, sich vor nützlicher Aktivität scheuen und sich um die Zukunft sorgen“, was bei mangelnder Selbstwirksamkeit wiederum zu Stress, Ängsten und Depressionen führen könne.   

Die „Back Facts“ zielen darauf ab, Vermeidungsverhalten sowie unnötige „Schutzmaßnahmen" zu verhindern und die Patienten zu nützlichen Aktivitäten zu motivieren. Wichtig, bevor man als Arzt die Patienten damit konfrontiert: Immer erst abklären, ob Alarmzeichen (sog. Red Flags) vorliegen oder eine ernste Ursache hinter den Rückenschmerzen steckt!

Fakt 1: Anhaltende Rückenschmerzen können Angst machen und einen in der Bewegung einschränken, sie sind aus medizinischer Sicht aber selten „gefährlich“. Vor allem ist es sehr unwahrscheinlich, dass man deswegen im Rollstuhl landet. 

Fakt 2: Älterwerden stellt für sich genommen keine Ursache für Rückenschmerzen dar und führt auch nicht automatisch zur Verschlimmerung. Evidenzbasierte Maßnahmen können in jedem Alter helfen.

Fakt 3: Anhaltender Rückenschmerz hängt nur selten mit ernsten Schäden an irgendwelchen Strukturen zusammen. Häufig beginnen Rückenschmerzen nicht mit einem Unfall, sondern treten bei einer ganz alltäglichen Bewegung auf. Dahinter können Stress, Anspannung, Inaktivität oder eine unangemessene Aktivität stecken, die den Rücken „empfindlich“ machen.

Fakt 4: Eine Bildgebung deckt in den meisten Fällen nicht die Ursache von Rückenschmerzen auf. Dafür zeigen die Aufnahmen oft Veränderungen, z. B. einen Bandscheibenvorfall oder eine Arthrose, die mit den Schmerzen gar nichts zu tun haben. Solche Befunde sind auch bei Menschen ohne Rückenschmerzen häufig.

Fakt 5: Wenn Schmerzen bei bestimmten Übungen oder in Bewegung auftreten, heißt das nicht, dass die Bewegung schadet. Gerade bei chronischen Rückenschmerzen werden die Wirbelsäule und die sie umgebenden Muskeln oft sehr empfindlich. Der Schmerz, den man dann während der Bewegung verspürt, spiegelt meist nur die Empfindsamkeit wider, nicht etwa das Ausmaß einer etwaigen Schädigung. Mit zunehmender Aktivität legt sich das in der Regel. Tatsächlich ist Bewegung eine der effektivsten Maßnahmen in der Behandlung von Rückenschmerzen.

Fakt 6: Rückenschmerzen kommen meist nicht von schlechter Haltung. Ob wir krumm oder gerade sitzen oder stehen, spielt als Ursache für die Rückenschmerzen keine Rolle. Im Alltag kann es sogar entspannend sein, den Rücken mal durchhängen zu lassen. Und auch das Heben mit einem „runden“ Rücken ist nach heutiger Auffassung nicht schädlich – im Gegenteil, es ist sogar effizienter!

Fakt 7: Rückenschmerzen kommen nicht von einer schwachen Rumpfmuskulatur. Viele Rückenschmerzpatienten reagieren auf die Schmerzen, indem sie ihre Muskeln anspannen. Dies ist, als ob man die Faust ballt, wenn man sich die Hand verstaucht hat. Es ist gut, die Rückenmuskeln zu trainieren, sodass sie stark sind, wenn man sie braucht. Aber immer angespannt zu sein, ist nicht hilfreich. Vielmehr sollte man die Rumpfmuskeln im Alltag immer mal wieder entspannen.

Fakt 8: Der Rücken nutzt sich nicht ab, wenn man ihn im Alltag häufig beansprucht. Bewegung und Belastung machen den Rücken stärker. Daher sind Aktivitäten wie Laufen, Bücken und Heben ungefährlich, wenn man langsam beginnt und regelmäßig trainiert.

Fakt 9: Auch plötzliche Schmerzspitzen bedeuten nicht unbedingt, dass der Rücken Schaden leidet. Auslöser sind oft schlechter Schlaf, Stress, Anspannung, Sorgen, Stimmungstiefs, Inaktivität oder ungewohnte Aktivität. Wenn man es schafft, diese Trigger unter Kontrolle zu bringen, kann man das Aufflammen der Schmerzen verhindern. Und wenn es dazu kommt, sollte man es nicht als Verletzung betrachten, sondern ruhig bleiben, sich entspannen und weiterbewegen.

Fakt 10: Spritzen, Operationen und starke Medikamente sind bei anhaltenden Rückenschmerzen für gewöhnlich nicht die Lösung! Sie bergen ihrerseits Risiken und können Nebenwirkungen haben, die wenig hilfreich sind. Viel besser ist es, Wege zu finden, wie man seine Schmerzen mit risikoarmen Maßnahmen unter Kontrolle bringt.

Der Rat der Experten an die in Klinik und Praxis tätigen Kollegen: Herausfinden, was die Patienten beschäftigt, wo ihre Ängste liegen und welche Denkweisen sie im Zusammenhang mit ihren Rückenschmerzen entwickelt haben. „Dies gibt uns die Gelegenheit, konstruktive Gespräche zu führen, die wir mit Motivationstechniken unterlegen können.“ Vor allem komme es darauf an, Stress ab- und Selbstwirksamkeit aufzubauen, sodass die Patienten in der Lage seien, „besser informierte Entscheidungen“ zu treffen.

Um ein Gespür dafür zu bekommen, was im Gespräch mit Rückenschmerzpatienten eher hilfreich bzw. eher kontraproduktiv ist, empfehlen O’Sullivan und Kollegen ein selbstentwickeltes Quiz: http://www.lowbackpaincommunication.com/

Quelle: www.springermedizin.de

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