Ein weiteres Argument für mehr Ballaststoffe

(kib) Menschen in den Industrienationen verlieren wichtige Mikroben, die Ballaststoffe in Nahrung für einen gesunden Verdauungstrakt verwandeln. Das zeigt eine aktuelle Studie von der Ben-Gurion-Universität des Negev in Israel.

02.04.2024

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© Foto: Itzhak Mizrahi
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Ballaststoffe aus Gemüse oder Vollkornprodukten tragen dazu bei, dass das menschliche Darmmikrobiom gesund und ausgeglichen bleibt. Doch einige celluloseabbauende Bakterien verschwinden offenbar aus dem Darmmikrobiom, insbesondere in den Industriegesellschaften, zeigt die Studie.

Cellulose verdaubar machen

Die Forschenden identifizierten wichtige neue Mitglieder des menschlichen Darmmikrobioms: celluloseabbauende Bakterien namens Ruminococcus. Diese Bakterien bauen Cellulose ab, indem sie große und hochspezialisierte extrazelluläre Proteinkomplexe (Cellulosomen) produzieren.

Diese lagern sich dann an Cellulosefasern an und ziehen diese auseinander, wie die einzelnen Fäden eines Seils. Die cellulosomalen Enzyme zerlegen dann die einzelnen Faserfäden in kürzere Ketten, die dann löslich werden.

„Diese Cellulosom-produzierenden Bakterien gibt es schon lange, ihre Vorfahren sind wichtige Mitglieder des Pansenmikrobioms von Kühen und Schafen", erklärt Professor Itzhak Mizrahi, Hauptautor der Studie. „Wir waren überrascht zu sehen, dass die Cellulose-produzierenden Bakterien des Menschen im Laufe der Evolution offenbar den Wirt gewechselt haben, denn die Stämme des Menschen sind enger mit den Stämmen von Nutztieren verwandt als mit den Stämmen unserer eigenen Primatenvorfahren“, so Mizrahi. „Es sieht so aus, als hätten die Menschen wichtige Bestandteile eines gesunden Darmmikrobioms von Nutztieren übernommen, die sie schon früh in der menschlichen Evolution domestiziert haben. Möglich wäre das.“

Evolutionärer Rückgang

Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Die Beprobung menschlicher Kohorten ergab, dass Ruminococcus-Stämme tatsächlich robuste Bestandteile des menschlichen Darmmikrobioms in menschlichen Jäger- und Sammlergesellschaften und in ländlichen Gesellschaften sind. In Probanden aus industrialisierten Gesellschaften kommen sie jedoch nur spärlich vor oder fehlen ganz.

„Unsere Vorfahren in Afrika vor 200.000 Jahren haben ihr Mittagessen nicht im Drive-In geholt oder sich eine Pizza nach Hause liefern lassen“, sagt Evolutionsbiologe William Martin von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Mitautor der Studie.

In den westlichen Gesellschaften ist dies jedoch weit verbreitet. In den industrialisierten Gesellschaften, die sich immer weiter von den landwirtschaftlichen Betrieben entfernt haben, in denen die Lebensmittel erzeugt werden, ändert sich die Ernährung. Diese Abkehr von einer ballaststoffreichen Ernährung ist eine mögliche Erklärung für den Verlust wichtiger celluloseabbauender Mikroben in unserem Mikrobiom, schlussfolgern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Wie kann man diesem evolutionären Rückgang entgegenwirken? Es könnte helfen, das zu tun, was Fachleute schon seit Jahrzehnten empfehlen: Essen Sie mehr Ballaststoffe!

Quelle: IDW

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