Erhöht die Pille das Risiko für Depressionen?

Ob orale Kontrazeptiva Depressionen verursachen können, wird seit Langem diskutiert. In einer großen Studie zeigen sich zumindest signifikante Assoziationen und eine Geschwisteranalyse spricht für einen solchen Zusammenhang.

03.08.2023

Frau hat Pille und Schmerztabletten in der Hand
© Foto: Vertigo3d / Getty Images / iStock
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Geht die Einnahme kombinierter oraler Kontrazeptiva mit einem erhöhten Risiko für Depressionen einher?

Antwort: In einer großen Studie korrelierte die Anwendung der Pille mit einem erhöhten Depressionsrisiko, besonders in den ersten beiden Jahren. Nach Absetzen der Pille hatten Frauen, die sie bereits als Jugendliche genommen hatten, weiterhin ein gesteigertes Depressionsrisiko.

Einschränkung: Die Daten zum Einnahmestart und zum Absetzen der Verhütungsmittel beruhen auf Eigenangaben.

Studien dazu, ob sich orale Kontrazeptiva negativ auf die Psyche auswirken oder sogar zu Depressionen führen können, sind inkonsistent. Ein Grund dafür könnte sein, dass Frauen, bei denen sich solche Effekte zeigen, die Präparate rasch wieder absetzen. Eine Studie legt jetzt nahe, dass insbesondere die Einnahme der Pille in der Jugend das spätere Depressionsrisiko steigern könnte.

Für die bevölkerungsbasierte Kohortenstudie nutzten Therese Johansson von der Universität Uppsala und ihr Team Daten von knapp 264.600 Frauen aus der britischen Biobank. Zur Inzidenz von Depressionen lagen Fragebögen und Krankenakten vor. Die Forschenden untersuchten das mit dem Beginn der Einnahme oraler Kontrazeptiva assoziierte Depressionsrisiko sowie mögliche Effekte auf das lebenslange Risiko. Zudem erfolgte eine Analyse mit fast 7.400 Geschwisterpaaren. Bei den Kontrazeptiva handelte es sich um kombinierte Pillen mit Gestagen und Östrogen.

Risiko in den ersten zwei Jahren um 71% erhöht

Die ersten zwei Jahre der Anwendung oraler Verhütungsmittel waren im Vergleich zu Frauen, die diese niemals eingenommen hatten, mit einem signifikant um 71% gesteigerten Depressionsrisiko assoziiert. Danach war der Effekt nicht mehr so stark, allerdings ging die Einnahme noch mit einem signifikant um 5% erhöhten lebenslangen Depressionsrisiko einher.

Frauen, die in ihrer Jugend mit oralen Kontrazeptiva verhütet hatten, hatten nach dem Absetzen sogar ein um 18% gesteigertes Depressionsrisiko, während es für Teilnehmerinnen, die erst später die Pille genommen und dann wieder abgesetzt hatten, nicht erhöht war.

Geschwisteranalyse spricht für Kausalität

Da es sich um Beobachtungsdaten handelt, kann von diesen Ergebnissen nicht auf Kausalität geschlossen werden. Die Analyse der Inzidenz von Depressionen bei Geschwisterpaaren, von denen jeweils eine Schwester hormonell verhütet hatte und die andere nicht, spricht allerdings dafür, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen oralen Verhütungsmitteln und Depressionen bestehen könnte.

„Es ist wichtig zu betonen, dass die meisten Frauen Verhütungspillen gut vertragen, ohne negative Auswirkungen auf die Psyche, was sie für viele zu einer guten Option macht“, wenden Johansson et al. ein. Es sei jedoch gerechtfertigt, Anwenderinnen über das Risiko aufzuklären und dieses mit dem Nutzen abzuwägen. Zukünftige Studien könnten möglicherweise mehr über die Mechanismen hinter den beobachteten Assoziationen verraten.

Quelle: SpringerMedizin.de

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