Erhöhte Mortalität nach Komplikationen in der Schwangerschaft

Frauen mit Schwangerschaftskomplikationen haben in den 50 Jahren nach der Geburt ein deutlich erhöhtes Sterberisiko. Die Häufigkeit solcher Komplikationen war unter schwarze Frauen in den USA der 1960er-Jahre deutlich höher und geht aktuell mit einer gesteigerten Mortalität einher.

von Thomas Müller
21.09.2023

Vier schwangere Frauen beim Yoga
© Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Gehen perinatale Komplikationen sowohl bei schwarzen als auch weißen Schwangeren mit einer erhöhten Mortalität in den folgenden Dekaden einher?

Antwort: 50-Jahres-Daten einer prospektiven US-Kohortenstudie deuten sowohl bei schwarzen als auch bei weißen Frauen auf ein erhöhtes kardiometabolisches Sterberisiko nach perinatalen Komplikationen, wobei schwarze Frauen in den 1960er-Jahren häufiger von solchen Komplikationen betroffen waren als weiße.

Bedeutung: Perinatale Komplikationen weisen unabhängig von der Hautfarbe auf ein erhöhtes kardiometabolisches Risiko nach der Schwangerschaft hin.

Einschränkung: Kausaler Zusammenhang unklar.

Kommt es in der Schwangerschaft und bei der Geburt zu Komplikationen, ist das Sterberisiko der betroffenen Frauen in den Jahrzehnten danach deutlich erhöht. Zum Teil beruht der Zusammenhang schlicht darauf, dass Frauen mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie Übergewicht und Diabetes in der Schwangerschaft auch häufiger Komplikationen entwickeln, diese sind dann nur ein Marker für das ohnehin erhöhte kardiovaskuläre Risiko.

Auf der anderen Seite könnten manche Komplikationen wie ein Schwangerschaftsdiabetes oder eine Präeklampsie das spätere kardiovaskuläre Risiko auch kausal erhöhen.

Eine aktuelle Analyse von rund 50.000 Frauen in den USA, die Mitte des vergangenen Jahrhunderts schwanger waren, ermöglicht nun eine recht umfassende Todesursachenanalyse. Danach gehen perinatale Komplikationen sowohl bei weißen als auch schwarzen Schwangeren mit einer erhöhten kardiometabolischen Sterberate in den folgenden Dekaden einher.

Kohortenstudie mit ähnlich vielen schwarzen wie weißen Frauen

Zu diesem Schluss kommt ein Team um Dr. Stefanie Hinkle von der Perelman School of Medicine in Philadelphia nach einer Auswertung des Collaborative Perinatal Projects (Circulation 2023; online 8. März). An der prospektiven Kohortenstudie nahmen ähnlich viele schwarze (46 Prozent) wie weiße Frauen teil (45 Prozent). Sie gewährt damit nicht nur Einblicke zur langfristigen Mortalität von Frauen mit Geburtskomplikationen, sondern auch zur Sterberate in ethnisch unterschiedlichen Gruppen.

An der Studie beteiligten sich Frauen aus zwölf US-Geburtskliniken, die dort zwischen 1959 und 1966 aufgenommen wurden. Bei ihnen hatte man Geburts- und Schwangerschaftskomplikationen systematisch erfasst. Die Frauen waren im Laufe ihrer Schwangerschaft immer wieder gründlich untersucht und befragt worden. Das Team um Hinkle schaute nun anhand von Sterberegistern, wie viele der Frauen bis zum Jahr 2017 woran gestorben waren.

Schwarze Frauen waren vor Schwangerschaft häufiger übergewichtig

Im Schnitt betrug das Alter der schwarzen Schwangeren 24 Jahre, der weißen 25 Jahre. Schwarze Frauen waren vor der Schwangerschaft häufiger als weiße übergewichtig oder adipös (27 Prozent versus 18 Prozent), rauchten aber seltener (42 Prozent versus 54 Prozent) und hatten ein geringeres Haushaltseinkommen sowie ein niedrigeres Bildungsniveau.

Ein weiterer Unterschied: Mehr schwarze als weiße Frauen wiesen bereits vor der Schwangerschaft eine kardiovaskuläre Erkrankung auf (14 Prozent versus 11 Prozent), andere chronische Leiden waren bei ihnen aber seltener diagnostiziert worden. 54 Prozent der schwarzen und 48 Prozent der weißen Frauen hatten vor der Aufnahme schon zwei oder mehr Schwangerschaften hinter sich.

Unterschiede gab es auch bei den Schwangerschaftskomplikationen: 18 Prozent der schwarzen und 7 Prozent der weißen Frauen brachten die Kinder spontan zu früh zur Welt, jeweils 11 Prozent und 7 Prozent waren während der Schwangerschaft hyperton, 2 Prozent und 4 Prozent hatten einen Diabetes, wobei dieser bei den weißen Frauen meist schon vor der Schwangerschaft bestand. In der Summe zeigten schwarze Frauen also deutlich häufiger perinatale Komplikationen.

Erhöhte Mortalität unter schwarzen Frauen

Im Median 52 Jahre nach dem Ende der untersuchten Schwangerschaft waren 39 Prozent der Frauen gestorben, die Mortalität war mit 41 Prozent unter den schwarzen deutlich höher als unter den weißen (37 Prozent).

Unter schwarzen Frauen standen kardiovaskuläre Ursachen an der Spitze der Todesursachen, gefolgt von Krebs (34 Prozent und 30 Prozent), unter den weißen Frauen waren es Krebs (34 Prozent), gefolgt von Herz-Kreislauf-Leiden (27 Prozent). Dies lässt sich wohl am besten mit den häufigeren kardiovaskulären Risikofaktoren bei schwarzen und dem höheren Raucherinnenanteil bei weißen Frauen erklären.

Vorzeitige Wehen und Geburten gingen unabhängig von der Ethnie mit einem erhöhten Sterberisiko einher. Je nachdem, welche Faktoren betrachtet wurden (vorzeitige Wehen/Blasensprünge/Spontangeburten/Kaiserschnitte), war die Mortalität zwischen 10 Prozent und 100 Prozent erhöht, dies betraf vor allem Todesursachen durch kardiometabolische Erkrankungen, aber auch durch Nierenerkrankungen.

30 Prozent erhöhtes Sterberisiko bei Hypertonie während Schwangerschaft

Hypertonien während der Schwangerschaft gingen mit einem bis zu 30 Prozent erhöhten Sterberisiko einher. Einzelne Faktoren, etwa Präeklampsie, waren nur bei schwarzen Frauen, andere wie eine Präeklampsie bei zuvor bestehender Hypertonie nur bei weißen Frauen mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Allerdings kann es sich dabei aufgrund der vielen untersuchten Einzelfaktoren auch um reine Zufallsergebnisse handeln.

Die Studie bestätige erneut, und dieses Mal auch für schwarze Frauen, dass perinatale Komplikationen mit einer erhöhten Mortalität in den folgenden Dekaden einhergehen, berichten Hinkle und Mitarbeitende. Vor allem das Risiko für kardiovaskuläre und renale Todesursachen ist den Daten zufolge bei solchen Komplikationen gesteigert.

Jedoch lieferte die Studie keine tieferen Einblicke über die Art des Zusammenhangs: Offen bleibt, inwiefern perinatale Komplikationen nur ein Marker oder auch eine Ursache für das erhöhte kardiometabolische Risiko sind.

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