Fast neun von zehn sterben an, nicht mit COVID-19

In 86% der Obduktionen von Patientinnen und Patienten mit COVID-19 stellt sich die Infektion als die Todesursache heraus, nur 14% sind mit, nicht an dem Infekt verstorben. Das hat eine Auswertung von Daten des deutschen COVID-19-Autopsieregisters ergeben.

von Robert Bublak
24.03.2022

Die allermeisten der gestorbenen COVID-19-Patienten in der vorliegenden Autopsiestudie sind an COVID-19-Komplikationen gestorben, hauptsächlich an diffusen Alveolarschäden im Zuge eines akuten Lungenversagens und an Multiorganversagen.
© Foto: asiandelight / stock.adobe.com
Anzeige

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Wie verteilen sich die Todesursachen von Patienten mit COVID-19-Infektionen?

Antwort: 86% der verstorbenen COVID-19-Patienten in der vorliegenden Autopsiestudie sind an COVID-19-Komplikationen gestorben, hauptsächlich an diffusen Alveolarschäden und Multiorganversagen. 14% starben an Begleiterkrankungen.

Bedeutung: Nicht zuletzt zeigt die Studie die Bedeutung nationaler Register wie des DeRegCOVID und ihrer Daten für die medizinische Forschung.

Einschränkung: Die Teilnahme an DeRegCOVID ist freiwillig, ein Selektionsbias ist möglich.

Die häufig geäußerte, verharmlosende Vermutung, Coronatote seien nicht an, sondern nur mit dem Virus gestorben, ist durch die Ergebnisse einer Studie Aachener Pathologen entkräftet worden. Demzufolge sterben fast neun von zehn Patienten mit COVID-19 an Komplikationen, die durch SARS-CoV-2 verursacht worden sind. Das gilt auch für hochbetagte Patienten.

Für ihre Studie bedienten sich Saskia von Stillfried vom Institut für Pathologie an der Universitätsklinik der RWTH Aachen der Daten des eigens für solche Analysen angelegten deutschen COVID-19-Autopsieregisters (DeRegCOVID). 1095 Datensätze waren verwertbar. Das Verhältnis von Männern zu Frauen lag bei 1,8 : 1. Todesfälle waren bei Männern mit COVID-19 gehäuft im Alter zwischen 65 und 69 sowie zwischen 80 und 84 Jahren aufgetreten; für Frauen verlief die Infektion besonders im Alter über 85 Jahren tödlich.

Häufigste Todesursache mit insgesamt über alle Zeiträume hinweg 52% war ein diffuser Alveolarschaden im Zuge eines akuten Lungenversagens (DAD/ARDS). Das machte sich besonders bei Todesfällen in den ersten beiden Wochen nach Symptombeginn bemerkbar, wo 62% der tödlich verlaufenen Infekte auf DAD/ARDS zurückzuführen waren. Zwischen Woche zwei und fünf war DAD/ARDS mit 45% als Todesursache ebenfalls dominant. Ab Woche fünf lag das Multiorganversagen – insgesamt mit 18% zweithäufigste Ursache für den Tod von COVID-19-Patienten – mit 36% knapp vor dem DAD/ARDS mit 35%. Weitere Ursachen für den Tod, die neben DAD/ARDS und Multiorganversagen ebenfalls COVID-19 zugerechnet wurden, waren unter anderem Superinfektionen mit Bakterien und Pilzen sowie Lungenembolien; insgesamt lagen solche anderen Ursachen bei 16% aller COVID-19-Toten vor.

Zusammengerechnet summieren sich die Sterberaten von DAD/ARDS, Multiorganversagen und anderen COVID-19-Todesursachen auf 86%. Bei den 14% der Todesfälle, die nicht COVID-29 zugerechnet wurden, dominierten ischämische Herzerkrankungen bzw. Myokardinfarkte.

Mediane Krankheitsdauer bis zum Tod: zwei Wochen

Im Median lagen zwei Wochen zwischen dem Beginn der Symptome einer COVID-19-Infektion und dem Tod der Patienten. Mehr als ein Drittel der Verstorbenen erlag der Infektion in der zweiten bis fünften Krankheitswoche, bei mehr als jedem zehnten vergingen mehr als fünf Wochen.

Stillfried und Kollegen interessierten sich auch dafür, wie lange SARS-CoV-2 post mortem nachweisbar ist. Dabei waren positive Testergebnisse zehnmal so häufig wie negative, wobei die Quote mit zunehmender Krankheitsdauer und längeren Intervallen zwischen Tod und Test abnahm. Die längste Spanne zwischen Symptombeginn und positivem Testergebnis bei Autopsie betrug 18,7 Wochen, wobei 17,4 Wochen auf die Krankheitsdauer entfielen. Das längste Post-mortem-Intervall erstreckte sich über 36 Tage.

Das DeRegCOVID existiert seit April 2020. Es soll multizentrische Daten von so vielen COVID-19-Autopsien sammeln wie möglich, um Forscher zu unterstützen und Studien zu ermöglichen. Die hier analysierten Autopsiedaten stammen von Patienten, die zwischen der Kalenderwoche 10 im Jahr 2020 und der Kalenderwoche 39 im Jahr 2021 verstorben sind. In diesem Zeitraum lag die Autopsierate von COVID-19-Todesfällen im Schnitt bei 1,2%. In der ersten Welle waren es noch 3,1% gewesen, in den Wellen zwei und drei aber nur noch knapp 1%. Die Teilnahme an DeRegCOVID – derzeit sind 29 Zentren beteiligt – ist freiwillig, die Datenbasis deckt daher nicht die Fläche ab. Da überwiegend hospitalisierte Patienten autopsiert wurden, ist ein Selektionsbias nicht auszuschließen.

Quelle: Ärzte Zeitung

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *