Forschungsteam: Zu häufig Breitbandantibiotika für Kleinkinder

In Deutschland werden im Vergleich zu Dänemark kleinen Kindern viel mehr Breitbandantibiotika verschrieben, so eine Studie. Ein Forschungsteam sieht Ansätze für ein verbessertes Verordnungsverhalten.

12.03.2024

Krank mit Fieber: Forschende plädieren dafür, bei Kleinkindern öfter Schmalspektrum-Antibiotika zu verordnen.
© Foto: Tomsickova / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodel)
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In Deutschland werden etwa 40 Prozent der Kleinkinder mit Breitbandantibiotika behandelt, wenn sie zum ersten Mal in ihrem Leben ambulante Antibiotika erhalten. Im Vergleich dazu beträgt dieser Anteil in Dänemark lediglich 6 Prozent, berichtet das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS in Bremen. Diese Diskrepanz habe potenziell schwerwiegende Folgen, heißt es in einer Mitteilung des BIPS dazu.

Ein Team um Dr. Oliver Scholle vom BIPS sowie von der Süddänischen Universität in Odense hat die Verordnungen von Antibiotika bei Kleinkindern in beiden Ländern miteinander verglichen. Dazu wurden Registerdaten aus Dänemark sowie von deutschen Krankenkassen aus den Geburtsjahrgängen 2004 bis 2016 miteinander verglichen (Infectious Diseases and Therapy 2024; online 23. Januar).

Verschreibungsverhalten in Deutschland eher zurückhaltend

Die Ergebnisse: „Im Geburtsjahrgang 2016 betrug die Zeit bis zur ersten Antibiotikaverschreibung in Dänemark etwa 21 Monate, während sie in Deutschland bei etwa 28 Monaten lag. Die Rate der Antibiotikabehandlungen pro 1.000 Personenjahre betrug 537 in Dänemark und 433 in Deutschland. Dies weist zunächst auf ein zurückhaltenderes Verschreibungsverhalten in Deutschland hin“, berichtet Erstautor Oliver Scholle in der Mitteilung.

Aber: „Besorgniserregend ist allerdings, dass etwa 40 Prozent der Kleinkinder in Deutschland Breitbandantibiotika als erstes Antibiotikum in ihrem Leben erhalten, während es in Dänemark nur 6 Prozent sind. Dies ist im Hinblick auf Nebenwirkungen und Resistenzen sehr bedenklich“, betont Oliver Scholle.

„Nebenwirkungen und Resistenzentwicklungen minimieren!“

Im Verlauf der Jahre von 2004 bis 2016 habe die Studie in beiden Ländern zwar auch positive Veränderungen bei Antibiotikaverschreibungen – wie beispielsweise einen Anstieg des Alters bei Erstverschreibung und einen Rückgang der Verschreibungshäufigkeit – doch gebe es eindeutig noch Raum für Verbesserungen. In Deutschland gelte das besonders für die Art der verordneten Antibiotika, heißt es in der Mitteilung.

Professorin Ulrike Haug, Letztautorin der Studie und Leiterin der Abteilung Klinische Epidemiologie am BIPS, erklärt dazu: „Der Ländervergleich erwies sich als besonders wertvoll. Da man davon ausgehen kann, dass sich das Infektionsgeschehen zwischen beiden Ländern nicht grundlegend unterscheidet, lassen die Ergebnisse Ansatzpunkte zur Verbesserung des Verschreibungsverhaltens erkennen. Den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika insgesamt und von Breitbandantibiotika gilt es sicherzustellen, um das Auftreten von Nebenwirkungen und die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu minimieren.“(eb/eis)

Quelle: Ärzte Zeitung

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