Jeder Fünfte weiß nichts von eigener Typ-2-Diabetes-Erkrankung

Eine Berliner Studie gibt Auskunft über Prävalenz, Inzidenz und Schweregrad von Typ-2-Diabetes bei älteren Menschen im Laufe der Zeit, geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Diagnose und den Einsatz von Antidiabetika.

von Joana Schmidt
02.06.2023

Achtung Diabetes Verkehrsschild
© Foto: Daniel Ernst / stock.adobe.com
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Wie steht es um die Inzidenz, Prävalenz und den Schweregrad von Typ-2-Diabetes bei älteren Menschen in Berlin?

Antwort: Über mehr als sieben Jahre stieg der Anteil der Personen mit Typ-2-Diabetes von knapp 13 Prozent bei Studienbeginn auf rund 17 Prozent.

Bedeutung: 22 Prozent der Erkrankten wussten bis zur Nachuntersuchung nichts von ihrer Erkrankung, ein ähnlicher Anteil wie zu Studienbeginn.

Einschränkung: Es handelt sich um Beobachtungsdaten, die möglicherweise nicht auf andere Populationen übertragbar sind.

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 Die Berlin Aging Study II bietet einen Überblick über die Entwicklung von Typ-2-Diabetes bei Berlinern und Berlinerinnen im Alter von mindestens 60 Jahren über einen Zeitraum von rund sieben Jahren.

Die beobachteten Raten zu Prävalenz und Inzidenz fielen zwar geringer, aber grundsätzlich ähnlich aus wie vergleichbare bundesweite Daten aus der DEGS1-Studie von Heidemann et al. (Diabet Med 2016; online 1. Oktober).

Für die explorative Beobachtungsstudie analysierte ein Forscherteam um Johanne Spieker von der Charité Berlin Ausgangsdaten von knapp 1.700 Teilnehmenden sowie gut sieben Jahre später erhobene Follow-up-Daten (Diabet Med 2023; online 3. April). Als Typ-2-Diabetes-Diagnose galten eine selbstberichtete Vorgeschichte, Einnahme von Antidiabetika und entsprechende Laborparameter.

Der Schweregrad wurde mithilfe des Diabetes Complications Severity Index (DCSI) bestimmt. Die Arbeitsgruppe bewertete auch die Prognosefähigkeit von Laborparametern.

Anteil der Erkrankten steigt von 13 Prozent auf 17 Prozent

Der Anteil der Personen mit Typ-2-Diabetes stieg von knapp 13 Prozent (209 von 1.625 Teilnehmenden) bei Studienbeginn auf rund 17 Prozent beim Follow-up-Termin (185 von 1.081 Teilnehmenden, für die ausreichende Daten verfügbar waren). Der Frauenanteil betrug jeweils 37 Prozent bzw. 41 Prozent. Von den 185 Erkrankungen zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren 74 neu aufgetreten. Die Inzidenzrate betrug 10,7 Neudiagnosen pro 1.000 Personenjahre.

22 Prozent der Erkrankten (41 von 185) waren sich bis zum Follow-up nicht ihrer Erkrankung bewusst gewesen, ein ähnlicher Anteil wie bei den Diagnosen, die zu Studienbeginn erfolgten. Mehr als die Hälfte der 41 neu entdeckten Erkrankungen wurden ausschließlich durch den oralen Glukose-Toleranz-Test (oGTT) diagnostiziert. Allein auf diesem Test basierende Diagnosen unter den neu aufgetretenen Erkrankungen waren bei Frauen signifikant häufiger.

Schweregrad nimmt signifikant zu

Von Studienbeginn bis zum Ende der Nachbeobachtungszeit nahm der Schweregrad von Typ-2-Diabetes signifikant zu mit einem durchschnittlichen DCSI von 1,1 vs. 2,0 in einem Bereich von 0–5 vs. 0–6. Dabei zeigte sich, dass kardiovaskuläre Komplikationen mit gut 43 Prozent zu Studienbeginn und einem steilen Anstieg auf knapp 68 Prozent bei der Nachuntersuchung den größten Einfluss hatten.

Es folgten Nephropathie (22 bzw. 61 Prozent) und periphere Gefäßerkrankungen (28 bzw. 29 Prozent). Zu Studienbeginn waren Männer signifikant häufiger von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen als Frauen, bei der Nachbeobachtung war dieser Unterschied jedoch nicht mehr signifikant.

„Die Daten liefern ein umfassendes Bild über Inzidenz, Prävalenz und Schweregrad von Typ-2-Diabetes bei älteren Menschen in Deutschland“, fassen Spieker et al. zusammen. Die Studie bietet zudem eine Momentaufnahme der derzeit verwendeten Antidiabetika bei älteren Menschen.

100 von 185 Erkrankten waren damit behandelt worden, die meisten mit Metformin (n = 85). 47 Personen erhielten es als einziges Diabetesmedikament und 38 in Kombination, meistens mit einem DPP-4-Inhibitor oder mit Insulin.

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