Reisedermatosen: Sechs Souvenirs aus dem Urlaub, die in die Haut gehen

Pilz, Fliege, Floh: Diese Mitbewohner tragen manche Reiserückkehrer unfreiwillig in der Haut. Sechs Steckbriefe zu Tungiasis, Myiasis und Co bieten eine Übersicht.

von Von Elisabeth Kerler
26.06.2023

Von Reisen in ferne Länder nimmt sich so mancher ein Erinnerungsstück mit. Doch manchmal kommt mehr mit, als Reisende vermuten
© Foto: kobeza / stock.adobe.com
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Ein Blick auf sechs Reisedermatosen:

Die Übersichten basieren auf dem Buch „Reisedermatosen“, herausgegeben von Esther von Stebut-Borschitz.

Tungiasis

Ein Sandflohweibchen (Spezies Tunga penetrans) bohrt sich in die Epidermis, wächst, stößt die Eier nach außen hin ab und stirbt in der Haut des Wirts.

Reiseziel: Subsahara, Südamerika, Karibik – Regionen, wo Menschen und Haustiere unter ärmlichen Bedingungen zusammenleben.

Infektion vor wenigen Tagen bis vor etwa sechs Wochen.

Verdacht: Tungiasis ist begleitet von Juckreiz bis Schmerz. Dabei treten eine oder mehrere punktförmig größer werdende bis erbsengroße erythematöse und druckschmerzhafte Knoten mit zentraler, schwärzlicher Öffnung auf. Eventuell ist die Absonderung der weißlichen Eier zu beobachten.
Entzündliche Eliminierung des Flohs innerhalb von Wochen, dann spontane Abheilung mit gelblichen bis bräunlichen Hornauflagerung und kleiner Narbe.

Diagnostik: Eine dermatoskopische Untersuchung ist manchmal hilfreich, eventuell kann eine pulsierende Bewegung (entsprechend der Darmtätigkeit des Sandflohs) gesehen werden. Differenzialdiagnostik: Fremdkörper, Panaritium, Insektenstich, Abszess, Myiasis, Tumoren wie Verrucae oder maligne Melanome.

Therapie: Sandfloh entfernen, eventuell topische antiseptische Behandlung, eventuell mit antibiotischer Systemtherapie. Tetanusimpfstatus ist zu prüfen, bei lokaler erheblicher Entzündungsreaktion entsprechend Wunde mit antiseptischen beziehungsweise antibiotischen Maßnahmen behandeln.

Kutane Larva migrans

Hakenwurmlarven – oft von der Spezies Ancylostoma brasiliense, seltener Ancylostoma caninum oder Uncinaria stenocephala – dringen in die intakte Epidermis ein. Dann bohren sie sich etwa einen Zentimeter pro Tag unter der Haut weiter und hinterlassen dabei die charakteristisch gewundenen Gänge.

Reiseziel: Strände in Südostasien (häufig Thailand), Südamerika, Afrika, der Karibik, der südöstlichen Staaten der USA oder am Mittelmeer.

Infektion vor einigen Tagen bis zu Wochen. Ab da entwickeln sich die gewundenen, häufig entzündeten Gänge weiter.

Verdacht: Kutane Larva migrans; Entzündungsreaktion folgt dem Gang, eventuell mit Bläschenbildung unter zunehmenden Juckreiz. Die Larve stirbt oft nach bis zu drei Monaten und wird resorbiert. Larvenfreie Effloreszenzen können über Monate fortbestehen.

Diagnostik: Gewundene, juckende Gänge mit ekzematöser Reaktion;

Therapie: Die Erkrankung ist selbstlimitierend. Es wird eine systemische oder topische Gabe von Ivermectin (einmal 200 μg/kg KG, Off-Label) empfohlen. Mebendazol oder Kryotherapie sind nicht zu empfehlen.

Ungewöhnlich tiefe Trichophytie

Ein Dermatophyt, etwa der Gattungen Trichophyton, Microsporum oder Epidermophyton, befällt bei immungesunden Personen die Haut und deren Anhangsgebilde, aber nicht Schleimhäute oder innere Organe.

Reiseziel: in den Tropen.

Infektion vor Tagen bis Wochen.

Verdacht: Trichophytie; variables Tempo des Voranschreitens möglich: schnell und eventuell eitrig oder langsam und chronifiziert. Typisches Hautbild: scharf begrenzte, chronische Hautläsionen, anfangs langsam, zentrifugal ausbreitend und mit später steigender Progredienz.

Diagnostik: Probebiopsie zum histologischen Erregernachweis. Pilzkulturen sind häufig schwierig wegen Kontamination mit Bakterien oder Schimmelpilzen. Wiederholte Impfungen der Kultur empfohlen, um spezifische Eigenschaften des verantwortlichen Erregers erkennen zu können.

Therapie: Systemische Behandlung mit oralen Antimykotika, zum Beispiel Terbinafin (250 mg/Tag), Itraconazol (200 mg/Tag), Fluconazol (50-100 mg/Tag) häufig über Monate hinweg, in den Tropen auch Griseofulvin mit verlängerter Therapiedauer. Eventuell zusätzliche topische Antimykotika;

Aktuell sind sehr therapieresistente Stämme in Indien bekannt.

Tripanosomenschanker

Tsetsefliegen übertragen mit ihrem Speichel Trypanosomen. Am Stich kann sich ein dunkelroter, schmerzhafter indurierter Knoten bilden, der ulzerieren kann.

Reiseziel: in Zentral-, West-, Ost- oder Südafrika.

Infektion vor etwa ein bis zwei Tagen, maximal drei Wochen. In der Regel bildet sich dann der Schanker mit Hyper- oder Depigmentation zurück, am Rand desquamiert.

Verdacht: afrikanische Schlafkrankheit; häufig intermittierendes Fieber, Splenomegalie, Lymphadenitis und eventuell generalisierte makulopapulöse Exantheme vorwiegend am Rumpf. Typisch sind polyzyklische erythematöse Plaques (Trypanide) oder Urtikaria. Westafrikanische Form: prallelastische, indolente Schwellung der nuchalen Lymphknoten (Winterbottom-Zeichen).

Nach Übertritt der Blut-Hirn-Schranke: starkes Schlafbedürfnis, Schlaflosigkeit, Schlaf-Wach-Rhythmusumkehr und Schwäche. Bei Westafrikanischer Form: Übertritt nach mehreren Monaten bis Jahren; ohne Behandlung letal. Bei der ostafrikanischen Form Übertritt nach Wochen bis Monaten; akuter letaler Verlauf durch Myokarditis ohne chronische Meningitis kommt vor.

Diagnostik: klinisches Bild; an der Läsion „Skin smear“: Nachweis der Trypanosomen in Ödemflüssigkeit. Nach Fieber Erreger auch mit Mikroskopie, PCR in Blut, Knochenmark, Lymphknotenpunktat nachweisbar, später auch im Liquor.

Therapie: Westafrikanische Form: frühe Stadien mit Pentamidin, spätere mit Nifurtimox, Eflornithin und gemäß der Interims-WHO-Leitlinie von 2019 Fexinidazol.

Ostafrikanische Form: Frühstadium: Suramin, Spätstadium: Melarsoprol. Mögliche Nebenwirkung des Melarsoprols: toxische Enzephalopathie.

Hautreaktion auf Paederus-Käfer

Paederus-Weibchen haben die hochtoxischen Alkaloide Pederin und Pseudopederin in ihrer Hämolymphe. Wird ein Weibchen auf menschlicher Haut verletzt oder zerdrückt, kommt es zum Kontakt und zur Hautreaktion.

Reiseziel: in den Tropen, besonders zur Regenzeit. Eine explosionsartige Vermehrung der Käfer ist bekannt, etwa aus Staaten südlich der Sahara, Südamerikas sowie aus Australien, Frankreich oder Indien.

Kontakt vor etwa zwölf Stunden bis zu zwei Tagen.

Verdacht: Käferdermatitis; 12 bis 24 Stunden nach Hautkontakt kommt es zu leicht erythematösen, juckenden und brennenden, streifig angeordneten Plaques (häufig entsprechend der Wegwischbewegung). Nach ein bis zwei Tagen: Bildung von stecknadelkopfgroßen Bläschen, die größer werden und von deutlich geröteten Läsionen; nach einer Woche trocknen Bläschen ein, Haut schuppt sich ab, das zurückbleibende Erythem verblasst. Hyper- oder Hypopigmentierungen können für Monate bestehen bleiben. An der Periortibalregion sind ausgeprägte Schwellungen möglich, klingen jedoch folgenlos ab. Seltener Berichte von Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Arthralgien.

Diagnostik: klassische streifige Anordnung der Hautveränderungen, die unbekleidete Körperstellen betreffen (Anamnese!). Eventuell sind durch Abwischen des Gifts mit Handgelenken dort korrespondierende Hautveränderungen zu sehen. Häufig sind mehrere Personen im direkten Umfeld betroffen.

Therapie: Juckreizstillende externe, etwa Polidocanol-haltige Lotionen und topische Steroide, eventuell auch Antihistaminika; bei Hautverletzungen ist die Desinfektion mit Wundantiseptikum sinnvoll.

Furunkulöse Myiasis

Eier gelangen auf die menschliche Haut, die Fliegenlarven schlüpfen, bohren sich in die Haut ein und entwickeln sich dort. Dabei benötigen sie eine Atemöffnung in der Oberfläche. Die Larven verlassen den Wirt auch über diesen Weg.

Reiseziel: Tropen oder Subtropen, afrikanischer Kontinent, Zentral- und Südamerika.

Infektion vor Tagen bis Wochen. Nach Infektion treten ein oder mehrere furunkelähnliche Knoten auf.

Verdacht: furunkulöse Myiasis; anfangs treten eher gering ausgeprägte Entzündungsreaktionen und Juckreiz auf, später entwickeln sich Druck- und Spontanschmerzen nach Anwachsen des Knotens auf ein bis drei Zentimeter. Eventuell können typische Bewegungen innerhalb des Knotens oder die ausgetretene Larve zu sehen sein.

Diagnostik: zentrale Atemöffnung mit etwas Sekret, eventuell Lymphadenopathie. Differenzialdiagnostik: Bei der Larva migrans kommt es auch zu Juckreiz, aber nicht zur Beule.

Therapie: Die Krankheit ist selbstlimitierend; Infizierte wünschen es häufig nicht, den Larvenaustritt abzuwarten. Die Larven haben Widerhaken in der Haut und zerreißen leicht beim Entfernen.

Daher: Der Larve zuerst durch okklusives Abdecken der Atemöffnung mit Klebeband, Vaseline oder Ähnlichem für bis zu 24 Stunden eine Asphyxie herstellen, dann mit Pinzette entfernen.

Beim Fehlversuch: Örtlich für die chirurgische Entfernung betäuben, Haut um Atemöffnung inzidieren, Larve exstirpieren, danach gründlich spülen und lokal antiseptisch behandeln, eventuell auch eine systemische Antibiose erwägen. Der Tetanusimpfstatus ist zu prüfen.

Quelle: Ärzte Zeitung

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