Schlafdauer in jungen Jahren ist mit Risiko für Multiple Sklerose assoziiert

Das Schlafverhalten Jugendlicher könnte ihr Risiko beeinflussen, später an Multipler Sklerose zu erkranken. Negativ scheinen sich eine kurze Dauer, aber auch eine schlechte Qualität des Schlafs auszuwirken.

von Von Dr. Robert Bublak
01.05.2023

Kann ausreichender erholsamer Schlaf in jungen Jahren, der für eine adäquate Immunfunktion erforderlich ist, womöglich einer MS vorbeugen?
© Foto: sebra / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Wie wirkt sich das Schlafverhalten in der Adoleszenz auf das Risiko aus, später an MS zu erkranken?

Antwort: Sowohl kurzer als auch schlechter Schlaf in der Jugend sind mit einem erhöhten MS-Risiko assoziiert.

Bedeutung: Ausreichender erholsamer Schlaf in jungen Jahren kann der MS womöglich vorbeugen.

Einschränkung: Der genaue ursächliche Zusammenhang zwischen Schlaf in der Jugend und MS-Risiko bleibt unklar.

Die Beziehung vieler Jugendlicher zu ihren Betten ist im Wesentlichen durch zwei Konstanten bestimmt: abends nicht hinein, morgens nicht heraus. Nun ist von Schichtarbeitern bekannt, dass Schlafdeprivation und zirkadiane Desynchronisierung mit einem erhöhten Risiko für Multiple Sklerose (MS) einhergehen. Da mag es aufgrund der genannten Konstanten naheliegen, eine solche Assoziation auch für das Schlafverhalten Jugendlicher zu untersuchen. Eine Arbeitsgruppe um Torbjörn Åkerstedt von der Universität hat sich dieser Aufgabe unterzogen (J Neurol Neurosurg Psychiatry 2023; online 23. Januar).

Åkerstedt und Kollegen legten zu diesem Zweck eine Fall-Kontroll-Studie auf, mit 2075 MS-Fällen und 3164 passenden Kontrollen. Das Erkrankungsalter der MS-Patienten lag im Mittel bei 34,8 Jahren. Verglichen wurde das Schlafverhalten der Probanden in beiden Gruppen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren.

Auch auf die Qualität des Schlafs kommt es an

Gegenüber einer nächtlichen Schlafdauer zwischen sieben und neun Stunden machte sich eine Verkürzung auf weniger als sieben Stunden mit einem höheren MS-Risiko bemerkbar. So war das Verhältnis von Kurz- zu Längerschläfern in der MS-Gruppe um 40 Prozent erhöht (Odds Ratio [OR] 1,4). Auch eine geringe Qualität des Schlafs fiel ins Gewicht. Wer auf einer Skala von 0 bis 5 (sehr gut) seine Schlafqualität höchstens mit 3 bewertete, hatte ebenfalls ein höheres Risiko, an MS zu erkranken (OR 1,5). Keine Rolle spielte hingegen eine Verschiebung der Schlafphasen zwischen Schul- bzw. Arbeitstagen und dem Wochenende bzw. freien Tagen. Die Ergebnisse erwiesen sich als stabil, nachdem Daten von Schichtarbeitenden aus den Kalkulationen herausgenommen worden waren.

Richtung des Kausalpfeils bleibt offen

Auch wenn es Indizien dafür gab, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Schlafdauer und MS-Risiko bestand – mit der Verkürzung etwa auf unter sechs Stunden stieg das Risiko weiter –, muss die Richtung des Kausalpfeils offenbleiben. Einerseits könnten kurzer und schlechter Schlaf sich negativ auf das Immunsystem auswirken und damit MS begünstigen. Andererseits könnte mangelnder und wenig erholsamer Schlaf bereits eine Folge der Neurodegeneration sein.

Åkerstedt und sein Team nehmen diese Position ein: „Unzureichender Schlaf und geringe Schlafqualität scheinen das Risiko einer nachfolgenden MS-Erkrankung zu erhöhen“, schreiben sie in ihrer Schlussfolgerung. Ausreichender erholsamer Schlaf in jungen Jahren, der für eine adäquate Immunfunktion erforderlich sei, könne der MS womöglich vorbeugen.

Quelle: Ärzte Zeitung

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