Sectio unter Schmerzen bei fast jeder achten Frau

Trotz Spinalanästhesie hat fast jede achte Frau, die ein Kind per Sectio zur Welt bringt, mitunter erhebliche Schmerzen. Von den behandelnden Ärzten wird das oft gar nicht recht bemerkt.

von Robert Bublak
22.09.2021

Kaiserschnittnarbe
© Foto: Artem_Furman / Getty Images / iStock
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Fast jedes dritte Kind in Deutschland kommt per Kaiserschnitt zur Welt. Für das Jahr 2019 beziffert das Statistische Bundesamt den Anteil auf 29,6%. Er ist damit doppelt so hoch wie noch vor 30 Jahren, insgesamt ergibt das mehr als 221.000 Schnittentbindungen allein in diesem einen Jahr. Oft wird vermutet, Frauen würden sich für diese Art der Entbindung unter anderem deshalb entscheiden, weil sie die Schmerzen einer natürlichen Geburt vermeiden möchten. Sollte dieser Wunsch tatsächlich bestehen, erfüllt er sich bei Weitem nicht immer, Spinalanästhesie hin oder her.

Gynäkologen und Anästhesisten aus Israel, der Schweiz und den USA haben sich in einer Studie mit dem Problem schmerzhafter Kaiserschnitte befasst. Denn trotz der Häufigkeit des Eingriffs ist über die Inzidenz dieser schwerwiegenden Komplikation wenig bekannt. Die Arbeitsgruppe um Amir Keltz von der Abteilung für Anästhesie am Rabin Medical Center in Tel Aviv hat 193 Schwangere vor der Entbindung per Sectio mit Spinalanästhesie in eine Studie aufgenommen und sie zu ihrem Schmerzempfinden befragt. 12% von ihnen gaben an, intraoperativ Schmerzen gehabt zu haben, davon gut ein Drittel bevor und knapp zwei Drittel nachdem sie vom Kind entbunden worden waren. Gut jede fünfte dieser Frauen hatten in beiden Phasen der Geburt Schmerzen. Im Median lag die Schmerzintensität auf einer Skala von 0 bis 10 bei einem Wert von 4, also im Bereich mittelstarker Schmerzen. Von starken Schmerzen mit Werten von 7 oder darüber waren 1% der Frauen betroffen. Für den intraoperativen Schmerz spielte es keine Rolle, ob die Frauen vor der Sectio ängstlich gewesen waren oder nicht.

Mediziner unterschätzen die Inzidenz

Die Geburtshelfer und Anästhesisten wurden ihrerseits gefragt, ob sie Schmerzen der Patientinnen bemerkt hatten. Rechnerisch kam dabei lediglich eine geringe Übereinstimmung in der Einschätzung zwischen den Frauen und ihren Ärzten heraus (Geburtshelfer: Cohens Kappa = 0,2; Anästhesisten: Cohens Kappa = 0,3). Die Schmerzinzidenz wurde von den Medizinern insgesamt unterschätzt.

„Die nicht zu vernachlässigende Inzidenz von Schmerzen während Entbindungen per Kaiserschnitt zeigt, dass weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um intraoperative Schmerzen besser zu managen und zu verhindern“, schreiben Keltz und Kollegen in ihrer Schlussfolgerung. Insbesondere müssten Prädiktoren für das Schmerzgeschehen getestet werden, denn präoperative Ängstlichkeit der Patientin und die Beurteilung durch die Ärzte eigneten sich offensichtlich nicht dafür.

Quelle: www.springermedizin.de

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