Spinne im Ohr bringt Frau um den Schlaf

Schön warm und dunkel: Zur Häutung zieht sich eine kleine Gewächshaus-Springspinne in den äußeren Gehörgang einer Frau auf Taiwan zurück – und sorgt vier Tage lang für nervige Ohrgeräusche.

von Thomas Müller
21.12.2023

CloseUp weibliche Spinne
© Foto: Reynante / stock.adobe.com
Anzeige

Sie hüpft fröhlich umher, trommelt mit ihren Mandibeln an die Wand des Gehörgangs und schaut mit ihren acht großen Augen neugierig in die Kamera des Otoskops: In der HNO-Klinik der Stadt Tainan auf Taiwan trauen Dr. Liyin Weng und Dr. Tengchin Wang ihren Augen kaum, als sie sich das Ohr einer 64-jährigen Frau genauer anschauen. Tatsächlich hat sich dort eine kleine Spinne eingenistet und gehäutet, die alte Haut liegt ebenfalls gut sichtbar vor dem Trommelfell. Wer Zugang zumNew England Journal of Medicinehat, findet dort ein Video mit dem ungewöhnlichen Ohrbewohner[1].

Vier Tage vor der Untersuchung nimmt die Frau anormale Geräusche im linken Ohr wahr. Am Tag des Symptombeginns wacht sie mit dem Gefühl auf, dass sich ein Wesen in ihrem linken Ohr bewegt, erzählt sie später den beiden Ärzten. Sie vernimmt unaufhörliche Klopf-, Klick- und Raschelgeräusche, die ihr nachts den Schlaf rauben und sucht schließlich Hilfe in der Klinik. Dort vermuten Weng und Wang zunächst eine Mücke oder Schabe, da sie schon öfter solche Kreaturen aus den Ohren ihrer Patientinnen und Patienten entfernt haben, berichten sie dem Online-Portal MedPage Today[2]. Doch im Otoskop können sie schließlich eine kleine Spinne erkennen, die munter im äußeren Gehörgang herumspringt. „Es gibt Berichte über Ameisen, Motten, Kakerlaken und Moskitos, die in den Gehörgang laufen, aber bisher wurden offenbar keine Tiere erwähnt, die sich dort auch häuten“, so Wang.

Anästhetika nur bei größeren Tieren

Das Tierchen entpuppt sich alsHasarius adansoni, eine kleine schwarze Gewächshaus-Springspinne, die 5–7 mm groß wird, behaart ist und weiße Streifen aufweist. Die Spinne stammt ursprünglich aus Afrika, ist inzwischen aber weltweit verbreitet, in Europa vor allem zu Gast in Gewächshäusern. „Sie häutet sich gerne in einer dunklen Umgebung“, so Wang. Und dazu kann schon mal der äußere Gehörgang eines Menschen zählen.

Weng und Wang entfernen schließlich das lebende Tier und dessen abgestreiftes Exoskelett über eine Saugkanüle, die sie durch das Otoskop einführen. Bei größeren Tieren im Ohr empfehlen sie vor der Prozedur, Ethanol oder Lidocain zu instillieren, um das Tier abzutöten, damit es nicht in Panik den Gehörgang oder das Trommelfell beschädigt. Bei diesem recht kleinen Bewohner verzichten sie auf solche Flüssigkeiten. Von flüssigen Anästhetika absehen sollte man den HNO-Experten zufolge auch dann, wenn das Trommelfell bereits beschädigt ist.

Nach der Entfernung der Spinne und des Exoskeletts klingen die Symptome der Frau sofort ab – sie kann wieder ohne nervige Ohrgeräusche nach Hause entlassen werden.

Quelle: SpringerMedizin.de

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *