STIKO gegen Ausweitung der Influenza-Impfempfehlung

Treffen nach dem Herbst COVID-19 und Influenza aufeinander? Manche Wissenschaftler äußern die Befürchtung. Die STIKO sieht allerdings keinen Grund für eine Ausweitung der Impfempfehlung. Das wäre für sie sogar kontraproduktiv.

von Denis Nößler
15.09.2020

Gut geimpft in den letzten Saisons: und heuer?
© Foto: Bildagentur-online / Ohde / picture alliance
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Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat sich angesichts der anhaltenden Corona-Pandemie gegen eine Ausweitung der Grippe-Impfempfehlungen ausgesprochen. Eine Ausweitung der Empfehlung „könnte sich derzeit sogar als kontraproduktiv erweisen“, heißt es in einer Stellungnahme, die die Kommission am Donnerstag in Berlin veröffentlicht hat (Epid Bull 2020; 32/33: 28–30).

Hintergrund sind Befürchtungen eines möglichen Zusammentreffens der saisonalen Grippewelle mit der anhaltenden SARS-CoV-2-Pandemie. So hatte etwa der US-Infektiologe Michael Osterholm vor einer „Flu-Corona-Collision“ gewarnt (Science 2020; 368 (6496): 1163).

Laut STIKO wären „allein für die vollständige Umsetzung“ der bestehenden Impfempfehlungen „etwa 40 Millionen Dosen Influenzaimpfstoff notwendig“.

25 Millionen Impfdosen erwartet

Nach Aussagen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwarten die zuständigen Behörden für die kommende Grippesaison 2020/21 rund 25 Millionen freigegebene Impfdosen. Davon sollen 4,65 Millionen Impfdosen in der nationalen Reserve vorgehalten werden. In der vergangenen Saison wurden rund 20 Millionen Influenzaimpfdosen freigegeben.

Bislang wird der Influenza-Schutz bekanntlich dezidiert empfohlen für Personen ab 60, Schwangere, Menschen mit Vorerkrankungen und deren Angehörige im Haushalt, Heimbewohner, sowie exponierten Personen, etwa Gesundheitsberufe. Daran orientiert sich auch die Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Etliche Kassen erstatten die Impfung jedoch auch für weitere Personen.

„Durch eine Ausweitung der Impfempfehlung auf die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland könnte es zu einer Unterversorgung der Risikogruppen kommen“, argumentiert die STIKO. Die weisen jedoch nach wie vor eine zu geringe Impfrate auf. Laut STIKO sind bei den Über-60-Jährigen nur rund 35 Prozent geschützt.

Risikogruppen bevorzugt impfen

Darauf hatte jüngst bereits STIKO-Mitglied Professor Eva Hummers im „ÄrzteTag“-Podcast hingewiesen. Die Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin der Unimedizin Göttingen äußerte auch die Vermutung, dass im Falle eines Anhaltens der Pandemie – und der Gegenmaßnahmen – die Zahl der Influenza-Fälle in der kommenden Saison niedriger ausfallen könnte. Dieser Effekt ist derzeit auf der Südhalbkugel zu beobachten und konnte auch Anfang März hierzulande nachgewiesen werden.

Über-60-Jährige gelten auch bei COVID-19 als Risikopersonen. Eine am Mittwoch veröffentlichte Analyse von über 10.000 stationär behandelten Corona-Patienten in Deutschland zeigt die hohe Mortalität älterer Personen mit einer COVID-19-Diagnose, insbesondere bei einer Beatmungspflicht.

Laut STIKO sollten in der kommenden Saison daher prioritär all jene vollständig gegen Influenza geimpft werden, die ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer Influenza (oder von COVID-19) haben. Dies gilt gerade für Senioren oder Menschen mit einer Grunderkrankung. Auch Ärzte und Pflegekräfte oder andere „beruflich besonders exponierte und epidemiologisch bedeutsame“ Personengruppen sollten bevorzugt geimpft werden.

Quelle: www.aerztezeitung.de

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