Verlaufen mit Levothyroxin Schwangerschaften anders?

Kleinere Studien haben Hinweise gebracht, dass LT4 bei euthyreoten Frauen mit TPO-Antikörpern Fehl- und Frühgeburten verhindern könnte. Forscher haben das überprüft.

08.07.2020

News Schwangerschaft Lebensstilberatung
© Foto: Syda Productions / Fotolia
Anzeige

 „Eine unkritische Verordnung von Schilddrüsenhormon bei Frauen im reproduktionsfähigen Alter ist nicht indiziert!“ Diese Empfehlung wird für Professor Dagmar Führer vom Universitätsklinikum Essen durch eine britische, doppelblind angelegte und Placebo-kontrollierte Studie gestützt (NEJM 2019; 380 (14): 1316-1325).

Mit der Studie sollte geklärt werden, ob eine Levothyroxin-Therapie bei euthyreoten (TSH < 4 mU/l) Frauen mit Antikörpern gegen thyreoidale Peroxidase (TPO-AK) und unerfülltem Kinderwunsch oder früherem Abort die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Schwangerschaftsverlauf erhöht. Primärer Endpunkt war eine Lebendgeburt nach mindestens 34 Schwangerschaftswochen.

Medikation bis zum Ende der Schwangerschaft fortgeführt

Das Vorliegen von TPO-AK sei – auch bei normaler Schilddrüsenfunktion – mit einem erhöhten Risiko von Fehl- und Frühgeburten assoziiert. Und die Ergebnisse kleinerer Studien hätten nahe gelegt, dass sich mit Levothyroxin solche Zwischenfälle verhindern ließen, erklären die britischen Forscher in ihrer Veröffentlichung die Rationale ihrer Studie.

In der Studie erhielten 952 Frauen täglich 50 μg Levothyroxin oder Placebo. Die Medikation wurde präkonzeptionell gestartet und bis zum Ende der Schwangerschaft fortgeführt.

Letztendlich konnten die Daten von 940 Studienteilnehmerinnen ausgewertet werden. Danach waren unter Levothyroxin-Therapie 57 Prozent der Frauen schwanger geworden, mit Placebo 58 Prozent. „Insgesamt ließen sich keine signifikanten Unterschiede im Schwangerschaftsverlauf (Abortrate, Frühgeburtlichkeit, neonatales Outcome) zwischen einer Levothyroxin- und Placebotherapie nachweisen“, fasst Führer die Studienergebnisse im Handbuch zum Internisten Update zusammen.

Unterschiede statistisch nicht signifikant

So lag zum Beispiel die Rate von Lebendgeburten bei 37,4 (Levothyroxin) und 37,9 Prozent (Placebo). Schwerwiegende unerwünschte Effekte wurden bei 5,9 Prozent der Frauen mit Levothyroxin-Therapie und bei 3,8 Prozent der Frauen mit Placebo dokumentiert – kein statistisch signifikanter Unterschied.

Insgesamt ließen sich keine signifikanten Unterschiede im Schwangerschaftsverlauf zwischen einer Levothyroxin- und Placebotherapie nachweisen.

Professor Dagmar Führer,Universitätsklinikum Essen

„Die unterschiedlichen Ausgangssituationen von Frauen mit Kinderwunsch bzw. Schwangeren im 1. Trimenon mit und ohne Schilddrüsenanamnese ist weiter komplex und stellt auch Endokrinologen vor Herausforderungen“, schreibt Führer in einem Kommentar zur Studie. Umso wichtiger seien prospektive randomisierte Therapiestudien, die Endpunkte beinhalten.

In der britischen Studie sei eine vielen Hausärzten, Internisten und Endokrinologen geläufige Alltagssituation untersucht worden, nämlich ob Frauen mit Schilddrüsenautoimmunität (positive TPO-AK) und unerwünschtem Kinderwunsch LT4 erhalten sollten – selbst bei Euthyreose.

„Die prophylaktische Gabe von Levothyroxin trägt in dieser Situation jedenfalls nicht zu einem verbesserten Outcome bei“, so Führer. „Umso unwahrscheinlicher ist, dass eine Gabe von LT4 bei einer gesunden Frau mit Kinderwunsch und TSH < 4 mU/l einen Nutzen hat!“ (mal)

Quelle: www.aerztezeitung.de

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *