Was färbte den Urin des Jungen grün?

Eigentlich führte ein banaler Infekt der oberen Atemwege Mutter und Kind in die Kinderklinik. Ungewöhnlich war der grüne Urin in der Windel des Jungen. Die Ursache entpuppte sich als weit weniger banal.

von Von Dr. Dagmar Kraus
23.02.2024

Bei Kindern gehen einer plötzlich auftretenden Hämaturie oft Infektzeichen voran.
© Foto: siro46 / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Infekte der oberen Atemwege sind in der Kinderarztpraxis nichts Besonderes. Sie gehören schließlich zu den häufigsten Erkrankungen im Kindesalter. Hellhörig werden sollte man allerdings, wenn ungewöhnliche Symptome hinzukommen, wie etwa eine grün gefärbte Windel.

Für welche besondere Erkrankung der grüne Urin als wichtiges Indiz gelten kann, erläuterten kürzlich Kinderärztinnen und Kinderärzte der Jutendo University Faculty of Medicine am Fall eines 23 Monate alten Jungen aus Tokio (J Pediatr 2023; online 23. November). Das Kind war von seiner Mutter wegen Fieber, Husten und laufender Nase vorgestellt worden; und sie erwähnte dabei auch den grünen Urin in der Windel.

Mehr als nur ein banaler Infekt

Den Pädiatern fielen bei der Untersuchung des Jungen blasse Konjunktiven sowie ein mäßig geröteter Rachen auf. Leber und Milz waren palpatorisch unauffällig, und auch Blutdruck und Gewicht waren normal. Ödeme bestanden keine. Die Labordiagnostik offenbarte eine erhöhte Leukozytenkonzentration (20,0 x 109/l), einen zu niedrigen Hämoglobinwert (7,7 g/dl) sowie eine zu geringe Thrombozytenzahl (150 x 103/μl).

Der Gesamtbilirubin-Spiegel betrug 1,41 mg/dl, das direkte Bilirubin lag bei 0,09 mg/dl. Der Lactatdehydrogenase-Wert war mit 1353 IU/l deutlich erhöht, Kreatinin mit 0,24 mg/dl normwertig. Die Elektrolyte sowie die Komplementfaktoren C3 und C4 waren unauffällig.

Der Urin war sehr dunkel und enthielt Blut (3+) sowie Protein (2+), aber kein Urobilinogen. Die Urinkultur blieb negativ. Der Beta-2-Mikroglobulin- sowie der N-Acetyl-Beta-D-Gycosamidasegehalt im Urin (40.440 μg/l bzw. 207,9 IU/l) sprachen für eine Nierenbeteiligung im Sinne einer tubulären Zellschädigung.

Eine strukturelle Schädigung war sonografisch nicht nachweisbar. Der direkte polyspezifische Coombs-Test fiel ebenso positiv aus wie der direkte monospezifische DAT für die Komplementkomponente C3b/d.

Autoimmun-hämolytische Anämie bestätigt

In Anbetracht der Befunde hatten die Kinderärztinnen und Kinderärzte einen Verdacht: Der Junge litt vermutlich an einer paroxysmalen Kältehämoglobinurie (PCH), auch bekannt als Donath-Landsteiner-Syndrom. Eine Verdachtsdiagnose, die im anschließenden Donath-Landsteiner-Test bestätigt werden konnte.

Das Donath-Landsteiner-Syndrom ist ein sehr seltener Untertyp der autoimmun-hämolytischen Anämie (AIHA), verursacht durch kältereagierende Autoantikörper im Blut. Gekennzeichnet ist das Syndrom durch eine plötzlich auftretende Hämaturie.

Akute Fälle werden ausschließlich bei Kindern beobachtet, wobei oft Infektzeichen vorangehen. Ein auslösendes Agens kann oftmals nicht ausgemacht werden.

Biliverdin färbt den Urin grün

Die Grünfärbung des Urins ist, so die Experten, Folge der ausgeprägten Hämolyse. Das plötzlich in großen Mengen frei werdende Hämoglobin wird unter anderem zum grünlichen Biliverdin abgebaut, das etwa für die grünliche Verfärbung von Hämatomen verantwortlich ist und in diesem Fall eben für die Grünfärbung der Windel, weil es teils über den Urin ausgeschieden wird.

Grüner Urin in der Windel könne als Indikator für eine Hämolyse-bedingte Hämaturie gelten, wie die Experten betonen. Alternativ müsse unter anderem das Hartnup-Syndrom, eine bakterielle Harnwegsinfektion mit Pseudomonas sowie die Einnahme bestimmter Medikamente in Betracht gezogen werden.

Wie ging es weiter?

Die Behandlung des Jungen bestand ausschließlich in einer Flüssigkeitszufuhr. Der Zustand des Patienten verbesserte sich kontinuierlich und nach sechs Monaten waren Anämie, renale Dysfunktion und Hämaturie verschwunden.

Quelle: Ärzte Zeitung

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