Was löst die Beschwerden bei empfindlicher Haut aus?

Welche Umwelteinflüsse sind es, die bei Menschen mit empfindlicher Haut so unangenehme Empfindungen wie Prickeln, Jucken oder Brennen hervorrufen? Ein Team aus Frankreich hat hierzu Teilnehmer aus mehreren Nationen befragt.

von Dr. Elke Oberhofer
01.04.2021

Empfindliche Haut und Schlafprobleme – hier scheint es eine deutliche Assoziation zu geben.
© Foto: ryanking999 / stock.adobe.com
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Empfindliche Haut ist eindeutig mehr als nur eine epidermale Störung. In einer Kohortenstudie mit Teilnehmern aus fünf verschiedenen Nationen war eine ganze Reihe von Faktoren mit dem Leiden assoziiert, von Schlafstörungen über die Einnahme von Kontrazeptiva bis hin zu Umweltbelastungen.

Menschen, die unter „empfindlicher Haut“ leiden, reagieren auf verschiedenste Stimuli, die anderen so gut wie nichts ausmachen. Das kann Wind sein oder Regen, eine Klimaanlage oder Staub in der Luft; häufig sind es auch Kosmetika, die nicht vertragen werden. Was dahintersteckt, lässt sich meist nicht erklären. Fest steht nur, dass die Betroffenen berichten, ihre Haut würde unter den jeweiligen Einflüssen regelmäßig anfangen zu kribbeln oder zu jucken, manche zeigen auch Hautrötungen beziehungsweise geben schmerzhafte oder brennende Empfindungen an, vor allem im Gesicht. In vielen Fällen ist die Lebensqualität dadurch erheblich beeinträchtigt.

Internationale Umfrage mit über 10.000 Teilnehmern

Ein Team aus Frankreich hat nun eine internationale Umfrage durchgeführt, um herauszufinden, welche bislang noch unbekannten Triggerfaktoren und Mechanismen bei dem Phänomen eine Rolle spielen könnten (JEADV 2021, online 9. Februar). Den eigens dafür entwickelten Fragebogen legten sie insgesamt 10.743 Personen vor, die Beteiligten stammten zu etwa gleichen Teilen aus Brasilien, China, Frankreich, Russland und den USA. Knapp die Hälfte der Teilnehmer (5176) litt nach eigenen Angaben unter empfindlicher Haut, die übrigen hatten damit keine oder zumindest keine nennenswerten Probleme.

Wie sich herausstellte, befanden sich in der hautempfindlichen Gruppe etwas mehr Frauen (55 gegenüber 47 Prozent). Mehr als doppelt so viele Teilnehmer aus dieser Gruppe berichtete über eine positive Familienanamnese.

Bekannte und neue Trigger

Bei vielen Betroffenen spielten bekannte Triggerfaktoren eine Rolle, zum Beispiel Kosmetika und allgemeine Luftverschmutzung. Über eine Empfindlichkeit darauf berichteten 58 beziehungsweise 63 Prozent aus dieser Gruppe (im Gegensatz zu 22 beziehungsweise 33 Prozent der nicht empfindlichen Teilnehmer). Hinzu kamen jedoch noch andere Faktoren mit signifikanten Assoziationen:

  • Müdigkeit (darauf reagierten 65 Prozent der hautempfindlichen Personen im Vergleich zu 34 Prozent der nicht empfindlichen),
  • Stäube (58 gegenüber 29 Prozent),
  • Schwitzen (54 versus 27 Prozent),
  • bestimmte, in der Studie nicht näher differenzierte Nahrungsmittel (44 versus 17 Prozent) und
  • Tabakrauch (40 versus 20 Prozent).

Das Forscherteam fand darüber hinaus deutliche „hormonelle“ Zusammenhänge bei den an der Studie beteiligten Frauen. So berichteten Frauen, die orale Kontrazeptiva einnahmen, signifikant häufiger über empfindliche Haut als solche, die dies nicht taten (63 versus 49 Prozent), ebenso Schwangere (64 versus 52 Prozent). Ähnliches galt für Frauen mit schmerzhafter Periode (62 versus 46 Prozent). Keine Rolle dagegen schien in diesem Zusammenhang die Menopause zu spielen.

Deutliche Zusammenhänge mit schweren Schlafstörungen

Auch für Schlafstörungen ließen sich signifikante Assoziationen nachweisen: Zwar berichtete nur wenig mehr als die Hälfte der Teilnehmer mit solchen Störungen (52 Prozent) über Probleme mit empfindlicher Haut. Diejenigen, bei denen dies der Fall war, berichteten jedoch über deutlich ausgeprägtere Schlafprobleme. Die Werte auf einer 10-Punkte-Skala (mit 10 als stärkstmöglicher Störung) lagen hier im Mittel bei 3,6 (gegenüber 1,6).

Für das Team um Laurent Misery, Dermatologe an der Universitätsklinik Brest, ist vor allem der Zusammenhang mit der selbstberichteten Müdigkeit interessant: Mit einem Anteil von zwei Drittel der Patienten mit empfindlicher Haut, für die dieses Kriterium zutraf, war die Müdigkeit sogar ein bedeutsamerer Einflussfaktor als zum Beispiel Kosmetika. Teilweise könne dies mit den Schlafstörungen zusammenhängen, so Laurent et al. Letztere träten aber häufig auch bei Patienten mit entzündlichen Hauterkrankungen auf. Die Forscher spekulieren, dass sowohl im einen als auch im anderen Fall sogenannte Small-Fiber-Neuropathien eine Rolle spielen könnten. Bei diesem Krankheitsbild kommt es zu einer Schädigung der kleinen unmyelinisierten peripheren Nervenfasern, die unter anderem in der Haut liegen. Müdigkeit und Schlafstörungen könnten möglicherweise die neurogene Entzündung bei den hautempfindlichen Patienten fördern, so die Theorie der Forscher.

Psychophysiologische Ursachen gilt es zu klären

Einschränkend muss angemerkt werden, dass es sich um eine subjektive Befragung gehandelt hat. Um mehr über die tatsächlichen Mechanismen herauszufinden, die bei Menschen mit empfindlicher Haut zum Tragen kommen, müsste man zum Beispiel Expositionsstudien durchführen, was jedoch alles andere als einfach ist.

Genetische Faktoren sind an dem Beschwerdebild möglicherweise zu einem gewissen Grad beteiligt. Und vor allem auch psychophysiologische Ursachen (Phänomen der Hypersensibilität) müssen in diesem Kontext weiter untersucht werden. Nichtsdestotrotz ist laut Misery und Kollegen der Einfluss des sogenannten Exposoms, der Gesamtheit aller äußeren Einflüsse auf die Haut, „wahrscheinlich sehr groß“.

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