Wearables und Künstliche Intelligenz können COVID-19 früh aufspüren

Forscher haben maschinelle Lernverfahren entwickelt, die mit hoher Sensitivität und Spezifität feststellen können, ob eine SARS-CoV-2-Infektion besteht. Die Künstliche Intelligenz wertete dazu gesundheitsbezogenen Daten aus, die von handelsüblichen Wearables erfasst werden.

von Von Berit Abel
19.07.2022

Cycle and smartwatch concept.
© Foto: ra2 studio / stock.adobe.com
Anzeige

Macht die Technik den Unterschied? Zwei Studien zeigen, dass „smarte“ Daten und Künstliche Intelligenz eine SARS-CoV-2-Infektion ziemlich genau feststellen können.

An einer Studie des Mount-Sinai-Hospitals, New York, nahmen 407 Personen teil, von denen 49 im Laufe der Studie einen positiven nasalen COVID-19-PCR-Test hatten. Die Teilnehmer trugen eine Apple Watch und auf ihrem Smartphone war eine extra für die Studie programmierte App installiert. Diese Daten wurden mit fünf verschiedenen Ansätzen fürs maschinelle Lernen ausgewertet (JAMIA 2022; online 22. Juni).

Die Smartwatch erfasste insbesondere signifikante Veränderungen der Herzfrequenzvariablität (HRV). Diese treten bis zu sieben Tage vor einer COVID-19-Diagnose auf. Die HRV erwies sich als wichtigster Parameter zur Vorhersage einer Corona-Infektion. In der Smartphone-App füllten die Teilnehmenden täglich einen Fragebogen zu ihrem Befinden und zur Diagnose von COVID-19 aus.

Von den untersuchten Verfahren erwies sich das sogenannte „gradient-boosting machines“-Verfahren (GBM) als das genauste: Mit 86,4-prozentiger Genauigkeit sagt es eine COVID-19-Erkrankung vorher. Das Modell wurde so kalibriert, dass es die Sensitivität über die Spezifität stellte und eine durchschnittliche Sensitivität von 82 Prozent und eine Spezifität von 77 Prozent erreichte.

Auch Fertilitäts-Tracker zur Vorhersage geeignet

In einer weiteren Studie wurden die Daten des AVA-Armbands, ein Fertilitäts-Tracker, mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) ausgewertet. Die KI identifizierte indikative physiologische Veränderungen bis zu 2 Tage, bevor die ersten COVID-19-Symptome auftraten (BMJ 2022; 12: e058274).

Der Fertilitäts-Tracker maß fünf physiologische Parameter: die Atemfrequenz, die Herzfrequenz, die HRV, die Handgelenkshauttemperatur (WST) und die Hautdurchblutung. Ergänzend zu dem Armband nutzten die Teilnehmenden eine App.

Darin trugen sie mögliche COVID-19-Symptome und alle Aktivitäten ein, die die Funktion des zentralen Nervensystems potentiell verändern können: Alkohol, verschreibungspflichtige Medikamente und Freizeitdrogen. Alle unterzogen sich regelmäßigen Antikörper-Schnelltests auf SARS-CoV-2. Diejenigen mit Symptomen unterzogen sich auch einem PCR-Abstrichtest.

Signifikante Veränderungen definierter Indikatoren

Von den 1163 Personen erkrankten 127 Personen (11 %) während des Studienzeitraums an COVID-19. Von denen konnten 66 (52 %) in die endgültige Analyse einbezogen werden. Es zeigten sich im Vergleich zu den Ausgangsmessungen signifikante Veränderungen hinsichtlich aller physiologischen Indikatoren während der Inkubationszeit bzw. prä-symptomatischen Phase, der symptomatischen Phase und der Erholungsphase von COVID-19.

Der Algorithmus wurde mit den Daten, die vom zehnten bis zum zweiten Tag vor Beginn der Symptome bei den 66 positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Personen erhoben wurden, trainiert. Die KI erreichte damit eine Sensitivität von 73 Prozent bei den im Labor bestätigten positiven Fällen. In der Trainingsgruppe lag die Sensitivität, die positiven Personen bis zu zwei Tage vor Auftreten von Symptome zu erkennen, bei 68 Prozent.

Der Algorithmus wird nun an einer viel größeren Gruppe (20.000) von Menschen in den Niederlanden getestet, und die Ergebnisse werden noch in diesem Jahr erwartet, so die Forscher.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

Die Künstliche Intelligenz (KI) imitiert menschliche kognitive Fähigkeiten, indem sie Informationen aus Eingabedaten erkennt und sortiert.

Bei maschinellen Lernverfahren erlernt ein Algorithmus durch Wiederholung, selbstständig eine Aufgabe zu erfüllen. Die Maschine orientiert sich dabei an einem vorgegebenen Gütekriterium und dem Informationsgehalt der Daten. Anders als bei herkömmlichen Algorithmen wird kein Lösungsweg modelliert. Der Computer lernt selbstständig, die Struktur der Daten zu erkennen.

Quelle: Frauenhofer-Institut für Kognitive System IKS

Quelle: Ärzte Zeitung

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *