Zähneputzen! Zum Schutz vor Pneumonien

Bei Intensivpatienten, insbesondere solchen, die beatmet werden, trägt regelmäßiges Zähneputzen offenbar signifikant zum Schutz vor nosokomialen Pneumonien bei. In einer im Fachblatt JAMA Internal Medicine publizierten Metaanalyse sprechen sich die Autoren für die breite Einführung von Zahnpflegeprogrammen in Kliniken aus.

von Dr. Elke Oberhofer
24.02.2024

Intubierte und beatmete Patientin
© Foto: Kiryl Lis / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Welche Auswirkungen hat tägliches Zähneputzen auf die Rate nosokomialer Infektionen?

Antwort: Teilnehmende, insbesondere beatmete Intensivpatienten, bei denen ein routinemäßiges Zahnputzregime zum Einsatz kam, entwickelten signifikant weniger Pneumonien. Auch die Mortalität in dieser Gruppe war deutlich geringer.

Bedeutung: Die Ergebnisse sprechen für die breite Einführung einer konsequenten Zahnpflege in Kliniken.

Einschränkung: Studien aus acht verschiedenen Nationen; Patienten konnten nicht verblindet werden; teilweise relativ kurze Nachbeobachtung (zwischen 5 und 28 Tagen); Daten zu nicht beatmeten bzw. nicht intensiv behandelten Patienten rar

In vielen Kliniken ist es üblich, Patientinnen und Patienten, die mechanisch beatmet werden, antiseptischen Mundspülungen mit Chlorhexidin zu unterziehen. Die Rationale dahinter ist, dass so das Einatmen von Mundhöhlenkeimen, die möglicherweise eine Pneumonie verursachen können, verhindert werden soll. Der Einsatz von Chlorhexidin zu diesem Zweck ist allerdings strittig, vor allem weil die Anwendung in einzelnen Studien mit einer erhöhten Mortalität assoziiert war. Eine nicht sehr umfangreiche Metaanalyse hat außerdem keinen Hinweis darauf ergeben, dass das Antiseptikum die Rate der beatmungsassoziierten Pneumonien senkt.

Ein Team der Harvard Medical School hat jetzt untersucht, welchen Effekt man mit einfachem Zähneputzen erzielen kann. Dieses wird bereits in einer US-Leitlinie (der Society for Healthcare Epidemiology of America) anstelle von Chlorhexidin empfohlen. Eine Metaanalyse mit ausreichender Patientenzahl hatte bislang allerdings gefehlt.

Pneumonierate um relative 33% gesenkt

Selina Ehrenzeller und Michael Klompas werteten 15 Studien mit insgesamt 10.742 Teilnehmenden aus Kliniken der Akutversorgung aus. Die effektive Populationsgröße schrumpfte allerdings auf 2786, nachdem man zahlreiche Nicht-Intensivpatienten, die aus einer Cluster-Studie stammten, ausgeschlossen hatte.

Wie das Team berichtet, war das Zähneputzen im Rahmen eines täglichen Mundpflegeprogramms mit einer signifikant niedrigeren Rate nosokomialer Pneumonien (–33%) und einer signifikant geringeren Mortalität auf der Intensivstation (–19%) assoziiert.

Nutzen vor allem für invasiv Beatmete

Signifikant war der Rückgang der Pneumonien allerdings nur bei Patienten und Patientinnen, die invasiv mechanisch beatmet wurden (–32%). Die Intensivpatienten mit regelmäßiger Zahnpflege profitierten außerdem von einer kürzeren Beatmungsdauer (median 1,2 Tage weniger) und einem kürzeren Aufenthalt auf der Intensivstation (1,8 Tage weniger).

Nach Ehrenzeller und Klompas schien es keinen nennenswerten Unterschied zu machen, ob zweimal täglich oder häufiger, elektrisch oder manuell geputzt wurde. Weder die Liegedauer auf Normalstation noch die Anwendung von Antibiotika war dem Team zufolge signifikant mit der Zahnpflege verknüpft.

Die beiden Wissenschaftler weisen darauf hin, dass in elf Studien sowohl in der Zahnputz- als auch in der Kontrollgruppe Chlorhexidin zur Anwendung gekommen war, entweder als Spülung oder in Form von getränkten Wattestäbchen oder Gaze. Unerwünschte Ereignisse wurden nur in vier Studien berichtet. Dabei war das Zähneputzen nur in einer Studie mit höheren Wahrscheinlichkeiten für Schleimhautreizungen bzw. -blutungen als in der Vergleichsgruppe assoziiert.

„Zahnputzprogramme müssen Standard werden!“

„Unsere Befunde legen nahe, dass das routinemäßige Zähneputzen als essenzieller Bestandteil der Standardversorgung in Kliniken betrachtet werden sollte“, schreiben Ehrenzeller und Klompas. Dies gelte insbesondere für invasiv mechanisch beatmete Patienten und Patientinnen, für welche die Evidenz am stärksten gewesen sei. Klinikärztinnen und -ärzte seien nach der Rücknahme der Empfehlungen für Chlorhexidin oft unsicher im Hinblick auf die Mundhygiene bei ihren Patienten. „Unsere Daten können nun dabei helfen, effektive Programme zur Mundpflege für beatmete Patienten zu entwickeln.“

Literatur

Ehrenzeller S, Klompas M. Association Between Daily Toothbrushing and Hospital-Acquired Pneumonia: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Intern Med 2023; https://doi.org/10.1001/jamainternmed.2023.6638

Quelle: SpringerMedizin.de

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