Putzfimmel der Eltern fördert Asthmasymptome beim Kind

Wenn Kleinkinder in einem Haushalt aufwachsen, in dem der Putzteufel regiert, rächt sich das im Hinblick auf die Atemwege. In einer kanadischen Studie stieg mit dem Einsatz von Haushaltsreinigern die Wahrscheinlichkeit für Asthmasymptome.

von Dr. Elke Oberhofer
27.05.2020

Frau putzt Boden auf Knien
© Foto: highwaystarz / Fotolia
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Das Wichtigste in Kürze:

Frage:Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Haushaltsreinigern und der Entwicklung von Atemwegssymptomen bei Kleinkindern?

Antwort:Je häufiger Putzmittel zum Einsatz kommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder asthmabezogene Symptome entwickeln.

Bedeutung:Die häufige Exposition gegenüber Reinigungsmitteln im frühen Kindesalter kann die Entwicklung von Asthma in späteren Jahren begünstigen.

Einschränkung:Art und Intensität der Exposition wurden nicht genau untersucht.

In Putzmitteln enthaltene Chemikalien können bei langfristiger Exposition chronische Entzündungen in den Atemwegen bewirken und so Asthmasymptome auslösen. Dieser Zusammenhang ist bekannt; er wurde bislang aber in erster Linie bei Erwachsenen nachgewiesen.

Kleinkinder verbringen viel Zeit in der Wohnung und spielen oft auf (frisch gereinigten) Böden. Insofern sind sie Rückständen von Haushaltsreinigern in besonderem Maße ausgesetzt.

Daten von über 2000 Kindern aus Longitudinalstudie

Tatsächlich scheint die Atemwegsgesundheit von Kindern signifikant zu leiden, wenn zu Hause viel geputzt wird; dies zeigt eine aktuelle Studie aus Kanada. Die Forscher hatten 2022 Kinder aus der kanadischen CHILD*-Kohorte von der Geburt bis zum Alter von drei Jahren beobachtet und dabei mehrfach eine Reihe von Tests durchgeführt: Die Kinder wurden klinisch untersucht, es wurden Blutproben genommen und Prick-Tests gemacht. In Fragebögen wurde in halbjährlichen Abständen erfasst, wie häufig die Eltern welche Arten von Haushaltsreinigern verwendeten; zusätzlich wurde geprüft, ob in der Wohnung geraucht wurde, ob Tiere zum Haushalt gehörten und ob sich in den Wohnräumen Schimmel fand.

Für jedes der Kinder bildeten die Wissenschaftler einen Score (Frequency of Use-Score, FUS), der insgesamt 26 Produktkategorien, darunter Fußboden- und WC-Reiniger, Geschirrspülmittel, Waschmittel, Weichspüler, Raumduft, Ofenreiniger und Möbelpolitur, erfasste. Jedes Produkt wurde je nach Einsatzhäufigkeit einer von vier Kategorien zugeordnet: „nie“ (0 Punkte), „weniger als einmal im Monat“ (1 Punkt), „monatlich“ (2 Punkte), „wöchentlich“ (3 Punkte) oder „täglich“ (4 Punkte).

Mit der Putzwut nimmt das "Wheezing" zu

Der Gesamt-Score lag bei den Dreijährigen im Mittel bei 31 Punkten, wobei Punktwerte von bis zu 76 erreicht wurden. Mit steigenden FUS-Werten stieg auch die Wahrscheinlichkeit chronischer Atemwegssymptome signifikant, und zwar auch nach Berücksichtigung potenzieller Schadfaktoren wie Schimmel, Tierhaare und Zigarettenrauch sowie der elterlichen Asthmadisposition.

Da eine Asthmadiagnose im Kleinkindalter oft nicht zuverlässig gestellt werden kann, hatten die Forscher um Jaclyn Parks von der Simon Fraser University in Vancouver vor allem folgende Atemwegsparameter berücksichtigt:

  • rezidivierendes „Wheezing“, definiert als pfeifendes Geräusch aus der Lunge über mindestens 15 Minuten am Stück, wobei solche Episoden definitionsgemäß in mindestens wöchentlichem Abstand auftreten mussten, sowie 
  • „Wheezing“ mit gleichzeitig nachgewiesener Atopie (Haut-Prick-Test) gegen eines oder mehrere von insgesamt 17 untersuchten, vorwiegend inhalativen Allergenen.

Ein Anstieg um 13 Punkte im FUS war bei den Kindern mit einer um 35% erhöhten Wahrscheinlichkeit von „rezidivierendem Wheezing“ und einer um 49% erhöhten Wahrscheinlichkeit für „Wheezing mit Atopie“ verbunden. Die Wahrscheinlichkeit einer Asthmadiagnose stieg pro 13 Punkte um 37%.

Raumdüfte besonders schädlich

Besonders häufig kam es zu solchen Symptomen, wenn im Haushalt Raumdüfte verwendet wurden, sei es in fester oder flüssiger Form, als Spray oder für die Steckdose. Duftstoffe sind nach Parks und Kollegen möglicherweise entscheidend für das Atemwegsrisiko.

Keine signifikante Assoziation zeigte sich bei den Kindern dagegen mit dem Parameter „Atopie“ für sich genommen. Wie Parks et al. betonen, entwickeln sich Überempfindlichkeiten und Allergien oft erst mit den Jahren. Man müsse aber davon ausgehen, dass die in Putzmitteln enthaltenen Chemikalien Entzündungskaskaden im respiratorischen Epithel anstoßen. Bei langfristiger Exposition könne dies eine bronchiale Überempfindlichkeit im Sinne eines intrinsischen (nichtallergischen) Asthmas hervorrufen.

Das viele Putzen ist nach Parks et al. auch deswegen kontraproduktiv, weil es zahlreiche Mikroben am Wachstum hindert, die möglicherweise dazu dienen, das Immunsystem reifen zu lassen, damit das Kind später vor Allergien geschützt ist.

Oft noch tagelang reizende Aerosole in der Luft

Keine Angaben konnten die Forscher darüber machen, wo sich die Kinder während der Putzaktionen aufgehalten hatten, ob die behandelten Flächen nach dem Reinigen abgespült worden waren und ob die Räume anschließend gelüftet wurden. Man wisse aber, dass einzelne Inhaltsstoffe oft noch lange nachweisbar seien, so Parks et al.: „Nach nur einer Anwendung eines Fettlösers beispielsweise finden sich noch tagelang reizende Substanzen als Aerosole in der Luft.“

Die Ergebnisse ihrer Studie seien zwar kein Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang mit den Atemwegssymptomen der Kinder. Dennoch warnen die Forscher vor dem übermäßigen Gebrauch von Putzmitteln in Anwesenheit insbesondere von Kleinkindern: Ein gesundes Zuhause erreiche man nicht nur durch Sauberkeit, sondern auch durch das sorgfältige Lesen von Produktinformationen.

*Canadian Healthy Infant Longitudinal Development

Quelle: www.springermedizin.de

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