Rückenschmerzen durch Haltungsfehler

Experte verrät 3 Tipps, wie man mit einfachen Übungen den Schmerz bekämpft

von Alexander Srokovskyi
09.04.2024

Frau hält sich unteren Rücken
© Foto: Ugurhan Betin / iStock
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Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Leiden, das Menschen aller Altersgruppen betrifft, besonders jedoch diejenigen, die lange Stunden sitzend verbringen. Diese Schmerzen, oft verursacht durch Haltungsfehler, können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Viele Betroffene greifen regelmäßig zu Schmerzmitteln und hoffen auf schnelle Linderung.

"Dabei kann man mit den richtigen Übungen nicht nur den akuten Schmerz lindern, sondern auch die Ursache des Problems angehen", erklärt Alexander Srokovskyi, erfahrener Physiotherapeut und Experte für Schmerzbehandlungen. "Es geht nicht darum, komplizierte oder zeitaufwendige Routinen zu befolgen. Vielmehr sind es spezifische Maßnahmen und Übungen, die in den Alltag integriert werden können und so zu einer signifikanten Verbesserung führen." Wie man mit einfachen Übungen den Schmerz bekämpft, verrät Alexander Srokovskyi im nachfolgenden Beitrag.

Schmerztabletten – mehr Risiko als Nutzen

Viele Menschen greifen bei Rückenschmerzen zuerst zu Schmerztabletten. Sie denken, dass die Beschwerden keine konkrete Ursache haben oder durch Alltagssituationen ausgelöst sind und von alleine abheilen. Zur Überbrückung der Zeit, bis die vermeintliche Besserung eintritt, nehmen sie schmerzlindernde Medikamente. Studien haben jedoch gezeigt, dass diese gerade bei Rückenbeschwerden annähernd wirkungslos sind. Die Wahl des Wirkstoffs – ob Ibuprofen, Paracetamol oder andere ähnlich wirkende Präparate – ist dabei irrelevant, denn keines der Medikamente konnte bei Rückenschmerzen überzeugen. Tatsächlich wurde sogar die schmerzlindernde Wirkung des Placebo-Medikaments als besser empfunden als die der Präparate mit einem Wirkstoff. Doch trotz der geringen Wirksamkeit können die Schmerzmittel die ganze Bandbreite an Nebenwirkungen entfalten. Diese sind nicht zu unterschätzen und reichen im schlimmsten Fall bis zu Magengeschwüren oder Rektalblutungen.

Darüber hinaus sind fast immer Disbalancen für Rückenschmerzen verantwortlich. Durch den Einsatz von Schmerzmitteln werden diese allerdings nicht behoben, weshalb sich langfristig keine Besserung einstellen kann. Statt der Einnahme von schmerzlindernden Medikamenten sollten Betroffene an der eigentlichen Ursache ihrer Beschwerden arbeiten, um wieder dauerhaft schmerzfrei zu sein. Dafür eignet sich insbesondere eine Kombination aus mehreren Strategien.

Tipp 1: Konsequente Haltungswechsel in den Alltag einbauen

In den letzten Jahren wurde hauptsächlich das Sitzen für die steigende Zahl der Menschen mit Rückenbeschwerden verantwortlich gemacht. Tatsächlich ist langanhaltendes Sitzen nicht gesund – langanhaltendes Stehen aber auch nicht. Jede Position, in der über einen längeren Zeitraum verharrt wird, wirkt sich negativ auf den Körper aus. Deshalb sind nicht nur ergonomische Büromöbel die Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit, sondern vor allem regelmäßig durchgeführte Positionswechsel. Im Idealfall alle 30 Minuten. Die Erfahrung zeigt: Je einfacher solche Wechsel vollzogen werden können, desto selbstverständlicher werden sie in den Arbeitsalltag integriert. Deshalb sollten Mitarbeiter, die viel am Schreibtisch arbeiten, im Idealfall ein Stehpult direkt daneben haben. Ein zweiter Monitor, der mit dem Hauptbildschirm verbunden ist, trägt dazu bei, dass die aktuelle Tätigkeit innerhalb von Sekunden am Steharbeitsplatz fortgeführt werden kann. Für langfristige Beschwerdefreiheit müssen solche Positionswechsel zur automatisch durchgeführten Gewohnheit werden.

Tipp 2: Gezielte Übungen gegen Fehlhaltungen durchführen

Insbesondere bei der Bildschirmarbeit neigen viele Menschen dazu, eine sogenannte Schildkrötenhaltung mit Rundrücken einzunehmen. Diese sorgt für Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich. Durch gezielte Übungen lässt sich die Fehlhaltung jedoch korrigieren und neuen vorbeugen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nicht die Dauer, sondern dass das Training regelmäßig und voller Konzentration durchgeführt wird. Schon drei Minuten täglich können ausreichen, um Rückenschmerzen aufgrund von Fehlhaltungen langfristig loszuwerden. Bewährt hat sich dabei die 66-Tage-Regel, die besagt, dass eine Veränderung die 66 Tage hintereinander durchgeführt wird automatisch zur Routine wird.

Eine einfache Übung gegen den Schildkröten Nacken:

  • Verwenden Sie ein gerolltes Duschhandtuch oder eine einfache Faszienrolle.
  • Stellen Sie sich an eine Wand und platzieren Sie das Handtuch beziehungsweise die Rolle zwischen den Schulterblättern.
  • Strecken Sie beide Arme zur Seite und spreizen Sie die Fingerspitzen.
  • Ziehen Sie das Kinn heran und machen Sie die Halswirbelsäule lang.
  • Halten Sie diese Spannung für 3 Sekunden intensiv und wiederholen Sie die Übung 10-mal.
  • Expertentipp: Um die Spannung im Nackenbereich zu erhöhen, spannen Sie Ihren Bauch während der Übung bewusst an, sodass der untere Rücken gegen die Wand gedrückt wird. Somit wird ein Hohlkreuz vermieden und die Mobilisation der Halswirbelsäule verstärkt.

 

Eine einfache Übung gegen Schmerzen in der Lendenwirbelsäule:

Die Ausgangslage ist auf dem Rücken liegend. Ein Fuß wird mit angewinkeltem Bein an der Wand aufgestellt. Über den Oberschenkel dieses angewinkelten Beins wird nun der andere Fuß quer abgelegt. Bei korrekter Durchführung entsteht dadurch ein leichter Zug im Bereich des Gesäßes. Außerdem sollte es in dieser Position möglich sein, mit dem Knie Druck in Richtung Wand aufzubauen. Die Arme werden im 45-Grad-Winkel neben den Körper gelegt. Dabei sind die Finger gespreizt und die Handflächen zeigen zur Decke. Nun beginnt die eigentliche Übung: Die Arme drücken nach unten in die Unterlage hinein. Gleichzeitig werden die Schulterblätter in Richtung Gesäß gezogen. Währenddessen bleiben die Hände gestreckt, ohne aufzuliegen. Die dabei entstehende Spannung sollte für drei Sekunden gehalten werden. Empfohlen werden fünf Wiederholungen, bevor die Stellung der Beine gewechselt wird und auch auf der anderen Seite fünf Durchgänge gemacht werden.

Durch diese Übung wird die Balance verbessert und der untere Rücken entlastet. Zudem hilft sie dabei, intuitiv die richtige Haltung einzunehmen. Für eine noch stärkeren Effekt können ergänzend die Zehenspitzen des überschlagenen Beins herangezogen und mit dem Knie Druck in Richtung Wand aufgebaut werden. Die so entstehende Spannung sollte im Gesäß spürbar sein.

Tipp 3: Spezielle Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur ausführen

Je stärker die Rückenmuskulatur ist, desto widerstandsfähiger ist sie gegenüber Belastungen. Deshalb sollten nicht nur Übungen zur Entlastung, sondern auch solche zur Stärkung durchgeführt werden. Im Gegensatz zur häufigen Meinung ist dafür kein aufwendiges Training nötig, die Übungen lassen sich ohne viel Aufwand täglich in den Tagesablauf integrieren.

Übung zur Zur Kräftigung des gesamten Rückens

wird zunächst eine aufrecht stehende Position eingenommen. Die Beine stehen etwa hüftbreit auseinander. Anschließend werden die Knie leicht gebeugt, der Übende geht in die Hocke. Die Arme werden nach oben ausgestreckt, wobei sich die Oberarme ungefähr auf Höhe der Ohren befinden. In dieser Grundposition findet nun eine kräftige Anspannung der Gesäß- und Bauchmuskeln statt. Diese Spannung sollte etwa 45 Sekunden lang gehalten werden. Korrekt durchgeführt ist ein Durchgang am Stück, idealerweise mehrmals am Tag, ausreichend, um den Rücken schon in kurzer Zeit zu kräftigen. Aufgrund der Einfachheit der Übung und der kurzen Dauer kann sie zudem problemlos in den Alltag integriert werden.

Die untere Rückenmuskulatur sollte besondere Aufmerksamkeit bekommen. Beim übermäßigen Sitzen werden diese Muskeln verstärkt beansprucht und verkürzen sich mit der Zeit. Daraus resultieren Schmerzen beim Aufstehen nach einer längeren Sitz-Phase. Um dem entgegenzuwirken, muss die Muskulatur regelmäßig gedehnt werden.

Auch hierfür gibt es eine einfach umzusetzende Übung:

  •  Stellen Sie beide Beine schulterbreit auf.
  • Bewegen Sie die Arme leicht nach hinten vom Körper weg, spreizen und strecken Sie die Finger, die Handflächen zeigen in Richtung Boden.
  • Gehen Sie in eine leichte Hocke.
  • Heben Sie die Fersen beider Füße leicht vom Boden ab.
  • Gleichzeitig mit den Armen nach außen spannen und diese Spannung für
  • 3 Sekunden intensiv halten.
  • Wiederholen Sie diese Bewegung 10-mal und verlassen Sie die Hocke auch zwischen den Wiederholungen nicht.
  • Gehen Sie zwischen den Wiederholungen immer wieder langsam aus der Spannung heraus.

Expertentipp: Um den Effekt für die Haltung zu vergrößern, spreizen Sie Ihre Finger maximal und ziehen während der Spannungsphase die Schulterblätter nach hinten und gleichzeitig nach unten Richtung Gesäß.

Über Alexander Srokovskyi:

Alexander Srokovskyi ist Inhaber mehrerer Praxen in Baden-Baden, Referent an Physiotherapie-Schulen, internationaler Coach für Osteopathie in Verbindung mit Neuroathletik und Entwickler einer weltweit eingesetzten KI im Bereich Gesundheitsvorsorge. Als gefragter Experte schreibt er für den Droemer Knaur Verlag sowie für zahlreiche internationale Zeitschriften und Fachmagazine. Zudem hält er Vorträge auf Ärztekongressen, für Politiker und medizinische Einrichtungen über evidenzbasierte Gesundheitsvorsorge und den richtigen Umgang mit Schmerzen.

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